Flunitrazepam

Flunitrazepam (Handelsnamen u. a. Rohypnol®, Fluninoc®) ist ein Benzodiazepin, dessen bekanntester Vertreter Diazepam (Valium®) ist. Flunitrazepam wird aus Nitrazepam hergestellt. Es wird vorwiegend als Schlafmittel verschrieben und vor chirurgischen oder diagnostischen Eingriffen und gelegentlich auch noch anschließend kurzfristig zur Beruhigung des Patienten angewendet. Das Präparat kam 1975 auf den europäischen Markt, Vorläufer gab es schon früher.

Flunitrazepam bindet an spezifische Benzodiazepinrezeptoren im Zentralnervensystem und verstärkt die dort natürlicherweise vorhandenen Hemm-Mechanismen, an denen der Neurotransmitter GABA (gamma-Aminobuttersäure) beteiligt ist. Flunitrazepam beeinflusst die GABA-eigenen Transmissionen schon in wesentlich kleineren Dosen als andere Benzodiazepin-Derivate. Der sedative Effekt ist ungefähr 7- bis 10-mal stärker als der von Diazepam. Da der Wirkstoff nach oraler Einnahme sehr schnell und nahezu vollständig vom Körper aufgenommen wird, tritt die Wirkung etwa 15 bis 20 Minuten nach der Anwendung ein und hält zwischen 4 und 7 Stunden an. Einige Effekte können bis 12 Stunden nach der Anwendung auftreten.

Nebenwirkungen

Wie bei Benzodiazepinen. Eine Abhängigkeit kann nicht nur bei Missbrauch, sondern auch bei therapeutischer Anwendung schon nach zwei Wochen eintreten.

In einer kritischen Analyse relevanter Studien hinsichtlich einer möglichen Einschränkung der Fahrtüchtigkeit im Straßenverkehr nach Einnahme von Flunitrazepam kommen zu dem Schluss, dass darüber trotz der Menge der bislang gesammelten Daten unter Forschern kein Konsens gefunden werden konnte. Die vermutete beeinträchtigende Wirkung von Flunitrazepam auf die Fahrtüchtigkeit konnte weder bestätigt noch widerlegt werden. Dennoch gilt, dass selbst bei bestimmungsgemäßem Gebrauch dieses Arzneimittel das menschliche Reaktionsvermögen so weit verändern kann, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder ein Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Deshalb sollten grundsätzlich während der Behandlungsdauer mit Flunitrazepam sowie 24 Stunden nach der letzten Verabreichung des Medikaments keine Kraftfahrzeuge gesteuert oder andere Tätigkeiten ausgeführt werden, mit denen ein Patient sich selbst oder andere gefährden könnte.

Dies gilt in verstärktem Maße bei gleichzeitiger Einnahme von Alkohol, da dieser zusammen mit Flunitrazepam selbst 10 Stunden nach der letzten Dosis noch zu einer stärkeren Beeinträchtigung der Bewegungsabläufe und des geübten Verhaltens führen kann.

Besonders bei Kindern und älteren Patienten besteht die Möglichkeit von ?paradoxen? (gegenteiligen) Reaktionen. Dann treten statt Beruhigung erhöhte Aggressivität, akute Erregungszustände, Angst, vermehrte Muskelkrämpfe, Ein- und Durchschlafstörungen, Albträume, Halluzinationen, depressive Verstimmungszustände oder gelegentlich sogar Selbstmordgefährdung auf. Die Behandlung mit Flunitrazepam kann dann nicht fortgeführt werden.

Anwendung in der Schwangerschaft

Es gibt klare Hinweise auf Risiken für den menschlichen Fetus. Flunitrazepam sollte während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Benzodiazepine wie Flunitrazepam sind relativ lipophil und können die Plazentaschranke passieren. Die Anwendung in hohen Dosen von Benzodiazepinen in der späteren Phase der Schwangerschaft kann beim Neugeborenen Muskelhypotonie auslösen.

Missbrauch

In Kombination mit Alkohol oder Opioiden kann es zu einer Amnesie (Gedächtnislücke) kommen, daher hat Flunitrazepam den Ruf einer Date-Rape-Droge: Opfer von Vergewaltigungen oder anderen Straftaten können sich oft an keine Details zum Hergang erinnern. Besonders in den 1990er Jahren wurden die damals farb- und geschmacklosen Tabletten für diesen Zweck missbraucht, meist indem sie Getränken beigemischt wurden. 1999 änderte der Hersteller die Zusammensetzung, so dass die seitdem hergestellten Tabletten eine bläuliche Farbe aufweisen, Flüssigkeiten verfärben, klumpen und einen leicht bitteren Geschmack haben. In einigen Ländern sind die alten Tabletten jedoch noch immer erhältlich und werden außerdem von einigen Generikaherstellern und anderen Firmen immer noch in der alten Form in den Handel gebracht.

Fast alle Benzodiazepine unterliegen den rechtlichen Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und sind in Anlage III (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel) gelistet. Der Gesetzgeber hat allerdings mit sogenannten ?ausgenommenen Zubereitungen? Höchstmengen für bestimmte Darreichungsformen (Tabletten, Zäpfchen, Ampullen, Volumeneinheiten bei Tropfen, d.h. pro abgeteilter Form) zugelassen, bis zu denen die Betäubungsmittel-Verschreibungs-Verordnung nicht gilt. Diese Höchstmengen sind für jeden einzelnen Wirkstoff individuell festgelegt und können bei Bedarf angepasst werden. Verordnungen über diese ?ausgenommenen Zubereitungen? müssen demnach nicht auf BTM-Rezepten, sondern können auf ?normalen? Rezepten erfolgen, wie bei anderen rezeptpflichtigen Arzneimitteln.

Diese Ausnahme gilt jedoch nicht, wenn Flunitrazepam für betäubungsmittelabhängige Personen verschrieben werden soll. Dann greifen wieder die Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln. Allerdings ist dieser Hinweis eher theoretisch zu werten, denn die Fachinformationen der diversen pharmazeutischen Unternehmer weisen auf die absolute Kontraindikation von Flunitrazepam-Zubereitungen bei Drogenabhängigen oder Patienten mit Abhängigkeitsanamnese hin. Ebenso äußert sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in den FAQs, den häufig gestellte Fragen zur Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) und zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG), dass die in Anlage III BtMG aufgeführte Möglichkeit der Verschreibung von Flunitrazepam für Opiatabhängige (z.B. als Hypnotikum) auf BtM-Rezepten ohne praktische Bedeutung sei. Flunitrazepam darf auch nicht als Substitutionsmittel verordnet werden.

Ende der 1990er Jahre wurde das Betäubungsmittelgesetz dahingehend geändert, dass zunächst die Menge pro Packung nicht mehr als 20 mg betragen durfte. Das hatte zur Folge, dass die bis dahin in 20er-Schachteln erhältlichen Tabletten zu 2 mg nur noch in 10er Schachteln angeboten wurden. Eine weitere Novellierung des BtMG im Jahre 1998 führte dazu, dass die Höchstmenge pro abgeteilter Form (also Tablette oder Ampulle) nicht mehr als 1 mg Flunitrazepam enthalten durfte.

Nach dieser Novellierung sind die Ampullen, die schon immer 2 mg Flunitrazepam enthielten, nur noch über ein Betäubungsmittelrezept zu erhalten.

In einigen Ländern wie den USA ist Rohypnol nicht als Medikament zugelassen und ist eine illegale Droge.

Flunitrazepam wird auch von Konsumenten illegaler Drogen eingenommen. Die Tabletten sind am Schwarzmarkt als ?Ruppies?, ?Ruffies?, ?Roofies? (vor allem in Amerika unter diesem Namen üblich) oder ?R2?, im deutschsprachigen Raum aber vor allem als ?Flunies? (nach dem Inhaltsstoff Flunitrazepam), ?Ropse?, ?Ro(s)chies? (nach der Hersteller-Firma Roche) oder ?Ropys? bekannt. Speziell in Österreich werden häufig die Namen ?Roiperl?, ?Ro?, ?Rippal?, ?Benzos? (für Benzodiazepine im Allgemeinen) oder ?Summal? bzw. ?Somnerln? (nach dem Handelsnamen Somnubene) gebraucht. In den USA sind sie vor allem als ?Roaches? bekannt. Stark verbreitet ist das Mittel insbesondere in ?Junkie?-Szenen, in denen Flunitrazepam ? alternativ oder ergänzend zu Opiaten ? zumeist gespritzt wird. Aber auch unter Partydrogen-Konsumenten ist das Mittel teilweise geläufig, u. a. zum ?Runterkommen? nach dem Konsum halluzinogener Drogen.

Siehe auch


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