Ketamin

Ketamin ((RS)-2-(2-Chlorphenyl)-2-(methylamino)cyclohexanon) ist ein Arzneimittel, das in der Human- und Tiermedizin zur Narkose und zur Behandlung des Status asthmatikus eingesetzt wird. Ketamin nimmt durch die Auslösung einer sogenannten ?dissoziativen Analgesie? eine Ausnahmestellung gegenüber anderen Analgetika und Narkotika ein.

Ketamin ist ein racemisches Cyclohexanonderivat, verwandt mit Phencyclidin (PCP) und dem Opioid Pethidin. Das wirksamere Enantiomer, das Eutomer, ist das S-Ketamin. Ketamin kann mit Hilfe einer 3-Schritt-Synthese aus o-Chlorbenzonitril und Cyclopentyl-MgBr mit Hilfe einer Grignard-Reaktion und einer Umsetzung mit Methylamin hergestellt werden.

Pharmakologie

Ketamin findet in der Anästhesie zu Narkosezwecken, bei der Schmerzbehandlung (Analgesie) in der Notfallmedizin und zur Behandlung des therapieresistenten Status asthmatikus Anwendung. Charakteristisch für die Wirkung des Ketamin ist die Erzeugung einer sogenannten ?dissoziativen Anästhesie?. Darunter wird die Erzeugung von Schlaf und Schmerzfreiheit unter weitgehender Erhaltung der Reflextätigkeit, insbesondere der Schutzreflexe, verstanden. Ketamin ist sowohl ein schlaferzeugendes Mittel (Hypnotikum) als auch ein potentes Analgetikum.

Wirkmechanismus

Wirkort und -mechanismen der vielfältigen Ketamin-Effekte sind noch nicht restlos geklärt. Der am meisten relevante Wirkort befindet sich am Glutamat-NMDA-Rezeptorkomplex. Die Aminosäure Glutamat ist ein wichtiger Neurotransmitter des Zentralnervensystems (ZNS), wo sie einen Kalziumeinstrom bewirkt, der vielfältige intrazelluläre Prozesse induziert. Ketamin hat dort eine antagonistische Wirkung unter Verwendung der Phencylidin-Bindungsstelle am NMDA-Rezeptor. Ketamin beeinflusst das cholinergene System, in dem es die NMDA-Rezeptor-abhängige Acetylcholin-Freisetzung verhindert. Ketamin hemmt ebenfalls andere Glutamatrezeptoren, darüber hinaus zeigt es eine schwache agonistische Wirkung an Opioid-Rezeptoren und Affinität zu GABA-Rezeptoren. Weiterhin wirkt es hemmend auf die periphere Wiederaufnahme von Katecholaminen, wie Noradrenalin und Dopamin, an der synaptischen Endplatte mit Verstärkung endogener, wie exogener Katecholamineffekte.

Durch diese Mechanismen kommt es zu einer ausgeprägten Stimulation des Herz-Kreislauf-Systems, z. B. erhöhtes Herzvolumen, gesteigerte Herzfrequenz, erhöhter Puls und erhöhter Venendruck, bzw. Arteriendruck. Durch Überstimulation des Zentralnervensystems oder Induktion eines kataleptischen Stadiums wird eine Amnesie ausgelöst. Das thalamoneocorticale System wird gedämpft, das limbische aktiviert. Ketamin wirkt auf das periphere Nervensystem sowohl depressiv (durch Blockade des Membranstroms) als auch exitatorisch (durch Modifikation der Natrium-Kanal-Fraktion). Es hat nur geringe viscerale analgetische Effekte, dafür aber ausgeprägte somatische.

Neben- und Wechselwirkungen

Ketamin hat vor allem psychotrope Nebenwirkungen (Halluzinationen), daneben wirkt Ketamin als einziges Narkotikum auch blutdruck- und pulssteigernd. Diese Nebenwirkung ist bei manchen Patienten erwünscht. Im Rahmen der Notfallmedizin ist es das einzige Medikament, mit dessen Einsatz kreislaufstabilisierende und narkotische Effekte kombiniert werden können. Der Einsatz bei Patienten mit schwerer koronarer Herzerkrankung (z. B. Herzinfarkt) ist hingegen abzulehnen, weil das Medikament durch Herzfrequenz- und Blutdruckanhebung die Herzarbeit steigert und somit den Sauerstoffverbrauch des Herzmuskels erhöht.

In der Routineanästhesie wird Ketamin aufgrund der psychotropen Nebenwirkungen weitgehend abgelehnt. Die Kombination mit einem Benzodiazepin kann aber das Auftreten von Albträumen und Halluzinationen in der Aufwachphase teilweise verhindern. Eine Reizabschirmung ist ebenfalls sinnvoll. Auf Grund seiner dissoziativen, bewusstseinsverändernden Wirkung ist Ketamin in der Drogenszene auch als Partydroge bekannt (Szenenamen: K, Kate, Ket, Kitty, Special K, und Vitamin K, Fiction, Keta mit Peta). Seine Nebenwirkungen wie das Ketamin-Loch, insbesondere das relativ häufige Auftreten von so genannten Horrortrips (albtraumartige Szenen mit Nahtodes-Erlebnissen und Tunnelvisionen), schränken aber seine Beliebtheit ein.

Geschichte

Im Rahmen eines Forschungsauftrages der Firma Parke-Davis bei der Suche eines Ersatzes für das mit starken Nebenwirkungen behaftete Narkosemittel Phencyclidin (PCP, Angel Dust) synthetisierte Calvin L. Stevens, Pharmakologe an der Wayne State University (Detroit, Michigan, USA), im April 1962 erstmalig die Substanz Ketamin. Im Jahre 1966 erhielt dann Parke-Davis das US-Patent (Nr. 3.254.124) für die Herstellung von Ketamin als Arzneimittel sowohl für die Humanmedizin als auch für die Tiermedizin. Edward Felix Domino, Professor für klinische Pharmakologie an der Universität in Michigan (USA), führte am 3. August 1964 seinen ersten (nicht medizinischen) Selbstversuch mit Ketamin durch und erkannte dabei das psychedelische Potential der Substanz. Die Bezeichnung ?dissoziatives Anästhetikum? für Ketamin wurde von ihm dann im folgenden Jahr 1965 eingeführt.

Heute findet Ketamin vor allem in der Veterinärmedizin sowie in der Notfallmedizin Anwendung. Ketamin ist in Deutschland u. a. unter dem Namen Ketanest® im Handel. Es ist verschreibungspflichtig, unterliegt jedoch nicht dem Betäubungsmittelgesetz. Im Vietnamkrieg erlangte ?Special K? bei US-Soldaten als Schmerzmittel und Droge eine bedeutende Rolle. Popkulturelle Bekanntheit erlangte der Ausdruck Special K durch einem im Jahr 2000 veröffentlichten Song der britischen Band Placebo. Zuvor wurde es im Kinofilm Kids erwähnt.

Der zunehmende Missbrauch von Ketamin als Partydroge veranlasste die britische Regierung, das Medikament ab Januar 2006 als Droge der Klasse C einzustufen. Der private Besitz wird somit strafbar und kann mit bis zu zwei Jahren Haft, der Handel mit bis zu 14 Jahren Haft bestraft werden.


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