Leid durch Medikamente

Seit Anfang der 90er-Jahre hat sich die Zahl der Medikamentenabhängigen stark erhöht, kommt 2005 laut Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) auf mindestens 1,5 Millionen Süchtige. Somit sind nur noch beim Alkohol mehr Abhängige zu verzeichnen, nämlich rund 1,7 Millionen. Problematisch ist in beiden Fällen, dass es sich um den Bereich der legalen Drogen handelt und diese somit nicht nur für jeden frei zugänglich, sondern auch schwer kontrollierbar sind.  

Sehen schön aus, sind aber eine sehr unterschätzte Gefahr. Schon Medikamente wie beispielsweise Schmerzmittel können schnell abhängig machen
Sehen schön aus, sind aber eine sehr unterschätzte Gefahr. Schon Medikamente wie beispielsweise Schmerzmittel können schnell abhängig machen

Die Dunkelziffer ist hoch. Neben der Zahl der Abhängigen gibt es die Zahl derer, die Medikamente missbrauchen. Es geht um Personen, die rezeptfreie Arzneimittel kaufen und diese in viel zu hoher, oft gefährlicher Dosierung einnehmen. Laut Schätzungen der DHS ist die Dunkelziffer fast so hoch, wie die der Süchtigen. Bei rund 40 Prozent der verkauften Medikamente handelt es sich um rezeptfreie, bei den Abhängigkeiten handelt es sich meist um Beruhigungsmittel (1,1 Millionen der Abhängigen), Schlaf- oder Schmerzmittel. Die Zahl der Medikamente, von denen die Menschen abhängig sind beläuft sich auf circa 205.000.

Zu den Medikamenten mit Suchtpotential gehört auch das Schmerzmittel Paracetamol, was auch bei Fieber Verwendung findet. In den USA ist jedoch eben dieses Medikament die Hauptursache für akutes Leberversagen - nahezu die Hälfte aller Fälle sind auf einen missbräuchlichen Gebrauch Paracetamols zurückzuführen. Der Übergang von dem medizinisch verantwortbaren Gebrauch bis hin zum Missbrauch ist anfänglich fließend, bei Abhängigen ist jedoch eine Überdosierung von 40 anstatt höchstens acht Tabletten täglich keine Seltenheit.

Die Macht der Gewohnheit

Warnhinweise, die auf eine Abhängigkeit von Medikamenten hinweisen, sind beispielsweise die, dass der Betroffene immer zur selben Zeit oder in ähnlichen Situationen das Bedürfnis nach einem bestimmten Medikament hat oder dieses auf einmal nur noch in erhöhter Dosis eine Wirkung zeigt. Ebenfalls gefährlich ist es, wenn man zu immer stärkeren Präparaten greifen muss um überhaupt eine Wirkung zu spüren. Viele Abhängige legen sich einen großen Vorrat an Medikamenten zu um diese immerzu greifbar zu haben. All dies deutet auf eine Abhängigkeit hin und bedarf professioneller Hilfe.

Sehr wichtig hierbei ist wie bei jeder anderen psychischen Störung die Einsicht des Betroffenen. Ohne diese ist eine eventuelle Therapie meist erfolglos. Erst wenn diese jedoch erfolgreich beendet wurde, lassen sich die eigentlichen Schmerzen, deretwegen die Medikamente eingenommen wurden erst behandeln. Schmerzmittel die rezeptfrei erhältlich sind, lösen in zu hohen Dosierungen meist einen so genannten Medikamentenkopfschmerz aus. Um diesen zu unterdrücken greifen die Betroffenen erneut zu Tabletten - ein Teufelskreis entsteht.

Organschäden durch Tabletten und Co.

Alleine die Einnahme von zwei bis drei Schachteln Schmerzmittel pro Monat können schwerwiegende, körperliche Schäden hervorrufen. Hierbei handelt es sich nicht nur um Kopfschmerzen, sondern auch innere Blutungen oder Schädigungen der Leber oder Niere. Diesen Risiken sind sich die meist älteren Betroffenen jedoch selten bewusst, zu schnell beherrschen die Medikamente ihren Alltag. Fast 25 Prozent der 50- bis 59-Jährigen sind gefährdet, hingegen nur etwa die Hälfte der 18- bis 20-Jährigen.

Frauen wagen eher Griff zum Medikament. Knapp sieben Prozent mehr als die Männer, nämlich 20 Prozent nehmen wöchentlich mindestens ein Medikament, welches süchtig machen kann. Die Abhängigkeit trifft außerdem verstärkt Personen, die in ihrem direkten Umfeld Menschen aus medizinischen Berufen haben. Dies ist unter anderem über das leichtere Herankommen an die Medikamente erklärbar. Eine intensive Aufklärung über die Gefahren des Medikamentenkonsums ist bei Blick auf die Zahlen und die Ungewissheit der tatsächlich Betroffnen nötiger denn je, die DHS widmet das Jahr 2006 dazu dem Thema "Suchtprobleme im Alter", welches sich intensiv auch mit den Problemen um die Medikamente  auseinandersetzt.

Sofie Weimar
Artikel vom 16. April 2006

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