Surfen, Shoppen, Spielen

Manche Formen von Suchtverhalten gibt es so lange wie die menschliche Kultur: Schon im alten Sumer, vor rund 5.500 Jahren, wurden alkoholische Getränke wie Bier gebraut, von denen viele Menschen nicht mehr lassen konnten. Bei den Inkas hingegen sah man kaum einen Gelehrten oder Priester, der nicht  auf Kokablättern herumkaute. Es gibt jedoch auch Arten von Sucht, die stoffunabhängig sind und erst seit relativ kurzer Zeit existieren, wie zum Beispiel die Internetsucht.

Das Internet fasziniert Millionen von Menschen, vom Schulkind bis zum Rentner
Das Internet fasziniert Millionen von Menschen, vom Schulkind bis zum Rentner

Seit etwa zehn Jahren hatten die ersten Personen Probleme damit, ihre Augen vom Bildschirm zu lösen. Das World Wide Web zu erkunden, war lange Nächte allemal wert und ständig vernetzt zu sein, nahm vielen das Gefühl der Einsamkeit. So ist es auch heute noch oft, nur gibt es mittlerweile wesentlich mehr Möglichkeiten, seine Zeit im Internet zu verbringen. Es ist zu einer bunten, eigenen Welt geworden, die rund um den Globus Millionen von Menschen fasziniert, vom Schulkind bis zum Rentner. Was stark in seinen Bann zieht, kann einen Menschen abhängig  machen. Hier zeigt sich, anders als bei Alkohol und Drogen, dass es bei der Internetsucht schwieriger zu definieren ist, was schon Suchtverhalten ist.

Das Internet erkunden

Social Networking: besonders junge Menschen nutzen das Internet gerne um Kontakte zu pflegen. Dazu dienen zum Beispiel E-Mail, Chat und Blog
Social Networking: besonders junge Menschen nutzen das Internet gerne um Kontakte zu pflegen. Dazu dienen zum Beispiel E-Mail, Chat und Blog

Ich selbst bin nicht mit dem Internet aufgewachsen. Erst mit 16 Jahren kam ich damit in Berührung. Manchmal muss ich schmunzeln, wenn ich von neunjährigen Kindern höre, die jeden Tag einige Stunden im Netz verbringen und sich darin sicherer bewegen, als in ihrem eigenen Stadtteil. Doch ich kann nicht leugnen, dass ich mit den Jahren immer lieber und länger online bin. Es gibt im Internet schließlich auch unheimlich viel zu tun und zu erkunden. Per E-Mail, in Foren und Chats kann man sich austauschen. Mit der eigenen Homepage lässt sich auch in der virtuellen Realität Präsenz zeigen.

Unkomplizierter als im Katalog, kann man bei Internet-Shops stöbern und bestellen. Wer hat nicht schon mal ein Buch oder eine DVD bei ?Amazon? gekauft? Wahrscheinlich noch beliebter auf der ganzen Welt ist ?E-Bay?, wo man nach Herzenslust ver- und ersteigern kann. Sucht man Informationen über ein bestimmtes Thema, so findet man sie bestimmt auf den zahlreichen Seiten, die Suchmaschinen wie ?Google? anzeigen.

Ob ein kurzes Spielchen in der Pause oder eine stundenlange Sitzung bei einem MMORPG (Massively Multiplayer Online Role-Playing Game) wie ?World of Warcraft? ? es gibt massenweise Spielvergnügen, oft kostenlos. Und wem sein eines Leben nicht genug ist, der kann seit 2003 (Start in den USA) noch ein weiteres in ?Second Life? führen, wo man mit seinem Avatar (selbst erstelltes Abbild eines Stellvertreters) in der virtuellen Welt vielleicht das erreicht, was einem in der realen verwehrt bleibt. 

Hohes Suchtpotenzial

Bei Online-Rollenspielen ist das Suchtpotential besonders hoch. Hier darf man sich neu erfinden. Besonders beliebt sind "World of Warcraft" und "Second Life". Hier zu sehen: das Finale der World Cyber Games 2004
Bei Online-Rollenspielen ist das Suchtpotential besonders hoch. Hier darf man sich neu erfinden. Besonders beliebt sind "World of Warcraft" und "Second Life". Hier zu sehen: das Finale der World Cyber Games 2004

Gerade Online-Rollenspiele und sonstige alternative ?Realitäten?  fesseln mehr als alles andere an den vernetzten PC. Besonders junge Menschen sind davon betroffen. Es kann vorkommen, dass es ihnen besser gefällt sich in diesen virtuellen Welten aufzuhalten, als in der realen. Anonym und relativ gefahrlos kann man dort andere Seiten an sich ausleben und der sein, der man schon immer mal sein wollte. Engel, Dämon oder Superstar ? was wärst Du denn gerne?

Solange es sich in Grenzen hält, ist das eine interessante Freizeitbeschäftigung, aber das Problem ist, dass viele Menschen, die sich einmal in solch einer Phantasie-Welt verloren haben, alle Zeit, die sie nur aufbringen können, darin verbringen. Spätestens wenn die betroffene Person auf die Dauer ihre Pflichten gegenüber dem realen Umfeld  völlig vernachlässigt sollten bei anderen die Alarmglocken läuten. Wie bei den meisten Suchtformen ist man selbst nämlich auch hier der letzte, der es bemerkt.

Förderung anderer Süchte

Da man fast überall, selbst per Handy oder PDA, im Internet surfen kann, ist die Gefahr der Sucht sehr stark.
Da man fast überall, selbst per Handy oder PDA, im Internet surfen kann, ist die Gefahr der Sucht sehr stark.

Vor allem Spiel- und Kaufsucht können sich mit der Internetsucht entweder vermischen oder durch das Netz gefördert werden. Denn wer ohnehin ein Fan von Computerspielen ist, der wird bei den Online-Varianten einen noch größeren Anreiz finden. Das konnte ich auch an mir, bei dem Spiel ?Neopets?, feststellen. Menschen, die zur Kaufsucht tendieren, können sich hingegen bei dem riesigen Angebot im Internet und der einfachen Art zu bestellen schlechter zurückhalten, als sonst. Ein paar Klicks und schon hat man etwas gekauft, wenn man bereits Kunde ist. Ehemals betroffene Personen haben mir das bestätigt.

Was die Medien betrifft, ist das Internet in den letzten Jahren immer wichtiger für Information, Kommunikation und Unterhaltung geworden. Kürzlich nahm die Nutzung des Fernsehers in Deutschland etwas zu Gunsten der Nutzung des Internets ab. Selbst wenn Radio, Fernsehen und Internet nebeneinander existieren und in den meisten Haushalten alle drei Medien genutzt werden, hat doch zuerst das Fernsehen das Radio und dann das Internet das Fernsehen zurückgedrängt.  Das World Wide Web ist wie ein neues, größeres Fenster in die Welt.

Umfrage unter Freunden

Ich habe mich einmal umgehört und einige Bekannte, die das Internet oft und gerne nutzen, dazu befragt. Die Mehrheit fasziniert daran am meisten, dass man im Netz Kontakt zu Menschen auf der ganzen Welt finden und pflegen kann. Einige sind, wie ich, durchschnittlich zwei bis drei Stunden pro Tag online, andere jedoch auch sechs bis zehn Stunden. Die Mehrzahl der von mir Befragten meinte, sie nutze das Internet am häufigsten zum Mailen und um nach Informationen zu suchen, aber auch zum Einkaufen.

Grundsätzlich ist ja nichts Falsches daran, gerne Zeit im Internet zu verbringen und als moderner Mensch die vielen Möglichkeiten anzunehmen, die sich bieten. Wie so oft ist es aber auch hier eine Frage des richtigen Maßes. Eine Frage, die schwierig sein kann, da jeder eine andere Vorstellung vom rechten Maß hat. Doch ich denke, es gibt Warnsignale, die eindeutig sind: beispielsweise kein anderes Hobby mehr auszuüben oder sein ?normales? Leben nur noch als lästige Begleiterscheinung zu sehen?

Jasmin Engel
Artikel vom 14. April 2008

 

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