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Bei der Konferenz der Europäischen Vereinigung für Suchttherapie (EAAT-Conference
2007), die derzeit in Wien stattfindet, sind Experten zum Schluss gekommen, dass
die Tendenz zum Suchtverhalten deutlich steigt. "Betrachtet man alleine nur die zehn
Prozent adipösen Kinder und die fast 30 Prozent adipösen Erwachsenen, kann man klare
Schlüsse ziehen", meint Wiener Fachärztin für Psychiatrie und Konferenzleiterin Gabriele
Fischer.
Damit rückt die Suchtexpertin die Vorstellung zurecht, dass unter Suchtverhalten
oftmals nur der Drogenkonsum, nicht aber andere Süchte wie etwa Esssucht
verstanden wird. "Neurologisch sind alle Süchte ident. Der einzige Unterschied ist
die Geschwindigkeit, mit der Dopamin
freigesetzt wird. Das geschieht bei Rauschgiften
wesentlich schneller", so Fischer, die auch die Drogenambulanz am AKH-Wien leitet.
"Auch Nicht-substanzgebundene Süchte wie die nach dem Glücksspiel,
Internet, Kaufen oder Computerspielen
haben mit substanzgebundenen Abhängigkeiten
viel gemeinsam - auch was die Aktivitäten von Neurotransmittern
im Gehirn anlangt."
"Diese ganzheitliche Betrachtungsweise hat viel für
sich" so Marc Potenza, Leiter der Abteilungen für Glücksspielsucht
und für die Erforschung weiblichen Suchtverhaltens an der Yale-University. "Tatsächlich
haben substanzgebundene und nicht-substanzgebundene Abhängigkeiten
viel gemeinsam. Es gibt aber auch Unterscheidendes. Die richtige Einordnung ist dabei
keineswegs nur eine akademische Diskussion, es hat große Auswirkungen auf die therapeutische
Strategie, ob ich eine nicht-substanzgebundene Abhängigkeit
als Störung der Impulskontrolle betrachte oder als eine Variante von Drogensucht."
Potenza hat in epidemiologischen Studien von pathologischen Spielern entdeckt, dass
krankhaftes Spielen und substanzgebundene Süchte häufig gemeinsam vorkommen. "Aber
nicht nur das: Beide Suchtformen zeigen auch die gleichen Verlaufskurven, indem sie
bei jüngeren Menschen häufiger, bei älteren seltener vorkommen, was wir als eine
Folge eines psychologischen Reifungsprozesses sehen."
"Je früher ein
Suchtverhalten auftritt, desto gefährlicher ist es", meint Fischer. Süchte würden
immer noch mit einem großen Stigma behaftet sein. "Wir müssen es schaffen, dass Sucht
nicht als Defizit angesehen wird, sondern als schwere Erkrankung, die ebenso transportiert
werden muss wie andere schwere Erkrankungen." Suchtprävention sei in erster Linie
Kommunikationsarbeit und mit dieser müsse schon sehr bald in der Kindheit angefangen
werden. Fischer kritisiert dabei die Methoden der üblichen Aufklärungsarbeit. "Wesentlich
bei der Prävention ist, dass sie nicht standardisiert wird. Es geht dabei um Interaktion
und der Analyse von Suchtverhalten."
So gehe zum Beispiel Internetsucht sehr häufig mit dem Konsum von Kohlehydraten wie etwa Chips einher. "Da kann man zum Beispiel nachfragen, wie die Betroffenen die Berauschung selbst empfinden und was das für sie bedeutet, ob es ihnen leicht fällt aufzuhören und auch wo der Kick liegt." Es sei unverständlich, dass Eigensinn in der Schule als negative Eigenschaft aufgefasst werde. "Je öfters ein Kind nein sagt, desto besser." Die Konfliktsteigerungsfähigkeit sei ein wesentlicher Punkt.
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