Bulimie

Die Bulimie (lateinisch: bulimia nervosa), auch Ess-Brechsucht (ICD 10 F50.2) oder Ochsen- bzw. Stierhunger genannt, gehört zusammen mit der Magersucht (lat. anorexia nervosa) zu den Essstörungen; bei jungen Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren sind nach Schätzungen des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie bis zu 20 % betroffen - Tendenz steigend.

Es gibt aber auch Bulimikerinnen, die jünger als 18 oder älter als 25 Jahre sind, so dass die Gesamtzahl der Frauen, die zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens von Bulimie betroffen waren, den genannten Prozentsatz übersteigen kann. Zu einem geringen, jedoch unbekannten Prozentsatz sind auch Männer betroffen (je nach Definition und Quelle sind fast 98 % aller Betroffenen weiblich). Die Betroffenen sind meist im Alter zwischen Pubertät und Volljährigkeit, seltener über 30 Jahre alt. Bestimmte Berufsgruppen, bei denen geringes Gewicht das Ausüben des Berufs ermöglicht bzw. erleichtert (z.B. Fotomodell, Tänzer, Langläufer), sind für diese Krankheit besonders anfällig.

Bulimie-Betroffene sind meist normalgewichtig. Sie werden jedoch von häufigen Heißhungerattacken heimgesucht und versuchen anschließend, ihr Gewicht durch Erbrechen, Hungern, Diäten, ausgiebigen Sport oder den Missbrauch von Abführmitteln zu kontrollieren. Die Essanfälle treten mehr oder weniger regelmäßig auf - zwischen zwei Attacken können mehrere Wochen liegen, das Essen und anschließende Erbrechen kann aber auch mehrmals täglich erfolgen. Während dieser Essanfälle verlieren Bulimiker die Kontrolle über sich selbst und über die Nahrungsmengen, die sie dabei verzehren. Gründe für das anschließende Erbrechen sind vor allem die Angst vor einer möglichen Gewichtszunahme sowie Scham über den eigenen Kontrollverlust/das eigene Versagen. Auch müssen sich Betroffene oft allein schon wegen der Unmenge im Magen übergeben. Dieses Wechselbad zwischen Hungern und Essen mit anschließendem Erbrechen, Abführen oder Abtrainieren hat der Bulimie auch den volkstümlichen Namen Ess-Brech-Sucht (auch Kotz-Fress-Sucht) gegeben.

Diese so genannte Ess-Brech-Sucht beginnt meist in einem wenig höheren Alter als die Magersucht etwa mit 17 oder 18 Jahren. Die Betroffenen leiden meistens unter einer gestörten Selbstwahrnehmung. Wie auch die Magersüchtigen empfinden sie sich immer als zu dick, doch sind sie oft, im Gegensatz zu den Magersüchtigen, normalgewichtig. Die Ursachen der Bulimie liegen sehr nahe bei der Magersucht. Nicht selten geht der Bulimie eine anorektische Phase voraus oder wechselt sich mit Phasen der Magersucht ab.

Oft wird die Bulimie noch durch folgende seelische und/oder soziale Probleme begleitet:

  • Missbrauch von Alkohol, Drogen, Medikamenten, starkes Rauchen
  • autodestruktives Verhalten, Selbstverletzungen oder Verstümmelungen
  • unkontrolliertes Mode- und Konsumverhalten, übertriebenes Geldausgeben, so genannte Frustkäufe, nicht selten auch Ladendiebstähle
  • soziale Isolation, aber auch das Gegenteil: eine Überanpassung an Gruppe, Familie, Leistungszwang, Karrieredrang (jung, dynamisch und erfolgreich)
  • Depressionen, Minderwertigkeitsgefühle, Unzufriedenheit über die eigene Geschlechtsrolle, zum Beispiel die Ablehnung der Weiblichkeit und Sexualität allgemein

Bulimie kann akut lebensgefährlich werden. Durch ständiges Erbrechen kann es zur Entzündung der Speiseröhre kommen. Bedingt durch das erhöhte Magensäureangebot im Mund stellen sich bei lang anhaltendem Symptom Zahnschäden ein. Die massive Störung des Elektrolyt-Haushalts (Kalium-, Eisen-, sowie Calciummangel) kann zu Herz-Rhythmus-Störungen führen und somit lebensbedrohlich werden.

Bulimieerkrankte versuchen meist, ihre Krankheit vor ihren Mitmenschen zu verbergen. Das Dadurch wird die Krankheit oft erst mehrere Jahre, nachdem sie begonnen hat, erkannt/eingestanden und behandelt. Eine frühzeitige Behandlung ist besonders wichtig, da die Aussichten auf vollständige Genesung mit jedem weiteren Jahr der Erkrankung sinken.

Trotzdem ist die Therapie von Bulimie immer noch deutlich erfolgreicher als bei der Magersucht. Eine Behandlung besteht meistens aus Psychotherapie, in der die Gründe für die Krankheit gesucht werden sowie Strategien zur Bewältigung der Probleme und zur Normalisierung des Essverhaltens entwickelt werden. Die Erfolgsquote liegt derzeit bei etwa 30 bis 45 %. Weitere Ziele einer Therapie sind die Verbesserung der persönlichen Einstellung zum eigenen Körper, zu den Lebensmitteln als Lebensquelle und nicht nur als Konsumgut, zur Freude am Essen als Freude am Leben und der (Wieder-)Aufbau von sozialen Kontakten.

Von Magersucht bis zur Esssucht mit Fettsucht als Folge gibt es eine sehr breite Palette der Essstörungen. Die Grenzen sind nicht immer ganz klar zu definieren, und es besteht meist ein ursächlicher Zusammenhang, selbst zwischen den extremsten Auswüchsen wie der Magersucht und Fettsucht. Nicht selten wird eine Erkrankungsform aus dieser Palette durch eine andere abgelöst. Es mag nur wie eine starke Vereinfachung aussehen, aber die Bulimie ist ein relativ lebenserhaltender Versuch eines Kompromisses zwischen dem langsamen Verhungern und der ebenfalls tödlichen Fettleibigkeit.

Siehe auch

Pro-Ana


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