Ess-Störungen keine Frauendomäne - jeder fünfte Betroffene ist ein Mann

In Deutschland leiden Schätzungen zufolge etwa 3,7 Millionen Menschen unter Untergewicht. Davon sind 100.000 an Magersucht und 600.000 an Ess-Brech-Sucht erkrankt. Aktuelle Zahlen der Techniker Krankenkasse (TK) belegen, dass Ess-Störungen keine Domäne des weiblichen Geschlechts sind. Auch Männer erkranken immer öfter an der vermeintlichen Frauenkrankheit.

Mittlerweile ist jeder fünfte Betroffene ein Mann. Am häufigsten treten Ess-Störungen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren auf. Außerdem handelt es sich bei Ess-Störungen oftmals um ein unentdecktes Leiden. Die Probleme werden erst erkannt, wenn eine Behandlung im Krankenhaus unumgänglich ist. Nach Angaben der TK ist gut die Hälfte der Betroffenen, die mit Ess-Störungen stationär behandelt werden muss, zuvor im ambulanten Bereich nicht auffällig geworden.

Deshalb ist es wichtig, erste Warnzeichen zu erkennen. Ess-Störungen treten oft in der Pubertät auf. Wenn Teenager ständig auf die Waage steigen, kann dies der Anfang einer langen Leidensgeschichte sein. Obwohl sie häufig in diesem Lebensalter ihren Anfang nehmen, sind Ess-Störungen keine pubertäre Phase, sondern eine ernst zunehmende Erkrankung. Inga Margraf, Diplom-Psychologin, gibt folgende Tipps, wie man Ess-Störungen vorbeugen, erkennen und behandeln kann:

  • Der beste Schutz vor Ess-Störungen ist ein gesundes Selbstvertrauen und Körperbewusstsein, das Eltern ihrem Kind mitgeben sollten. Gerade Magersüchtige neigen dazu, ihren Körperumfang zu überschätzen. Außerdem ist es wichtig, Schlankheitsideale zu hinterfragen und dem Kind das Gefühl zu geben, dass es solche Vorgaben nicht hinnehmen muss.
  • Bei der Ernährungserziehung sollten Kinder lernen, dass Essen Spaß macht, aber nicht zum Frustabbau missbraucht werden soll. Alarmierend ist, wenn Jugendliche versuchen, beim Essen allein zu sein. Beim gemeinsamen Essen können Eltern Auffälligkeiten erkennen und sich mit ihrem Kind austauschen.
  • Magersucht fängt oft mit einer Diät an, setzt sich mit einer Ernährungsumstellung fort bis häufig ganz auf Nahrung verzichtet wird. Sie ist häufig begleitet von zwanghaften Verhaltensmustern und der Überzeugung "Ich muss perfekt sein". Ihre Mahlzeiten bereiten Magersüchtige oft nach selbst gesetzten, strengen Regeln zu. Trotz ihres Schlankheitswahns beschäftigen sie sich ständig mit dem Essen und treiben oft sehr viel Sport.
  • Durch eine offene Kommunikation in der Familie können Heranwachsende lernen, Gefühle zuzulassen und mit Konflikten umzugehen. Es ist wichtig, die Privatsphäre eines Kindes zu respektieren und ihm die Möglichkeit zu geben, seine Individualität und Selbstständigkeit entwickeln zu können.
  • Die Ursachen für Ess-Störungen sind meistens psychischer Natur. Nicht selten spielt die Familie eine Rolle für den Ausbruch dieser Krankheit. Die individuellen Gründe der Erkrankung können aber nur im Gespräch mit einem Therapeuten ermittelt werden.
  • Sobald Eltern bemerken, dass ihr Kind essgestört ist, sollten sie eine spezielle Beratungsstelle aufsuchen. Um die Erkrankung zu behandeln, bedarf es einer Psychotherapie. Dort lernen die Patienten, ihren Körper richtig wahrzunehmen und den Ursachen auf den Grund zu gehen. In der begleitenden Ernährungstherapie lernen sie, sich gesund zu ernähren.
Techniker Krankenkasse
Artikel vom 8. Juli 2009

 

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