Fettsucht so problematisch wie der Klimawandel

Fettsucht braucht einen ähnlichen Ansatz wie der Klimawandel. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher der International Obesity Taskforce beim Treffen der American Association for the Advancement of Science (AAAS), das derzeit in Boston stattfindet. Dazu sollte ein globaler Pakt geschlossen werden, der sicherstellt, jeden Menschen der Welt mit gesunden Nahrungsmitteln zu versorgen.

Der Ernst der Situation erfordere rasches Handeln meint Philip James von der London School of Hygiene and Tropical Medicine. Zu den Forderungen der Aktivisten gehören unter anderem auch Marketing-Strategien sowie ein Lebensmittel-Labelling, das Fett, Zucker und Salzgehalt anzeigt. Das Verkehrsampel-Label-System, das einige britische Supermärkte bereits führen, sorgt auch in der EU für Diskussionen. "Das ist eine Form der öffentlichen Erziehung, die in Brüssel mit intensivem Lobbying bekämpft wird", meint der Forscher. "Wir sind gerade dabei deutlich zu zeigen, dass man, wenn man Gesundheit und Wirtschaft einer Gesellschaft ernst nimmt, sich darüber Gedanken machen muss." Zehn Prozent der Kinder der Welt sind übergewichtig oder sogar fettleibig. "Das sind doppelt so viele wie jene die unterernährt sind", erklärt der Professor.

Der Forscher kritisiert, dass das Problem des Übergewichts viel zu lange unbeachtet blieb. Neue Daten aus Skandinavien würden deutlich zeigen, dass das Gewicht eines Kindes zwischen sieben und zwölf Jahren darüber entscheidet, ob es früh an Herz-Kreislauferkrankungen stirbt oder nicht. Eine Studie unter 5.000 Männern und Frauen, die durchschnittlich 30 Kilogramm Gewicht verloren haben und die das Gewicht für sechs Jahre halten konnten, mache deutlich, dass umfassende Veränderungen im Lebensstil erforderlich seien. Dazu gehöre eine körperliche Ertüchtigung zwischen 60 und 90 Minuten täglich.

"Ob wir dick werden oder dünn, entscheidet letztlich das Gehirn", kontert der deutsche Pädagoge und Tiefenpsychologe Andreas Winter im pressetext-Interview. Jeder Mensch könne sofort abnehmen und das gewünschte Gewicht halten, wenn er ganz genau weiß, warum er übergewichtig ist, schreibt Winter in seinem Buch "Abnehmen ist leichter als Zunehmen", das im Mankau-Verlag erschienen ist. "Im Grunde geht es darum, Essen und Gefühl voneinander zu entkoppeln." Essen sollte als lästige Pflichtübung betrachtet und nicht als Trost, Belohnung, Pause oder Liebe gesehen werden. "Angst vor einem Mangel ist der Faktor, der zum Aufbau und hartnäckigen Festhalten von Fett führe.

"Der kleine Mandelkern im Gehirn signalisiert dem Organismus das Festhalten. Daraufhin erhöht sich die Produktion der Dickmacher-Hormone Cortisol, Insulin und Östrogen", erklärt Winter. "Die Hormone fördern den Fettaufbau und machen das immer dann, wenn wir ein subjektives Mangelempfinden haben." Untersuchungen von Kindern, die in materieller Armut aufgewachsen sind, haben deutlich gezeigt, dass sie, wenn sie normal ernährt werden, überdimensional zunehmen. "Wer isst, um sich wohl zu fühlen, also weil es gut schmeckt, anstatt zu essen, um den Körper zu ernähren, verbindet mit der Speise Emotionen, die er bewahren möchte", meint Winter. Aufgrund dieses Empfindens erfahre der Körper den Steuerungsbefehl zum Festhalten und nehme zu, erklärt Winter abschließend.

Artikel vom 19. Februar 2008

 

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