Glücksspielsucht: Impulsivität und Aberglaube

Viele Menschen, die Zwang zum Glücksspiel entwickelt haben, sind nicht nur höchst impulsiv, sondern auch abergläubisch. Sie tragen Talismane, schieben dem Pech oder den Automaten die Schuld von Verlusten zu und handeln gegen alle Logik. Das berichten Forscher der Universität Cambridge und vom Imperial College London in der Zeitschrift "Psychological Medicine". "Impulshandeln und Aberglaube sind zwei Hinweise dafür, warum manche Menschen zu krankhaften Glücksspieler werden", so Forscher Luke Clark.

Freitag der 13.

"Magisches Denken ist bei Glücksspielsüchtigen weit verbreitet. Viele denken: 'Heute ist mein Tag', 'Freitag der 13. bringt Glück' oder sie glauben, mit bestimmten Tastendruck den Automaten beeinflussen zu können. Unter dem Strich stimmt es jedoch nicht, da sich weder der Roulettetisch noch der Automat an diese Erwartungen hält", bestätigt Karlheinz Staudinger, Psychotherapeut an der Spielsuchtambulanz Linz im Interview.

Lieber wenig Geld sofort

Die britischen Forscher untersuchten 30 süchtige Glücksspieler einer englischen Spielsucht-Klink, wobei es sich - gemäß dem typischen Patientenprofil - fast durchwegs um Männer handelte, die zudem teils auch an anderen Problemen wie etwa Alkoholsucht oder Depression litten. Als Impulsivitäts-Test ließ man sie zwischen geschenkten 20 Euro sofort oder 35 Euro in drei Wochen wählen. Wie zu erwarten war, wählten Glücksspielsüchtige deutlich häufiger die niedrigere Sofort-Summe als gesunde Nicht-Spieler, die man zum Vergleich testete.

Überrascht wurden die Forscher jedoch, als sie bei den Spielern mit hoher Impulsivität auch den größten Aberglauben fanden. "Scheinbar kann hohe Impulsivität bei Spielern eine Reihe komplexer Störungen wie etwa Aberglaube auslösen", so Clark. Impulsiv wurden die Glücksspieler zudem besonders dann, wenn die Stimmung extrem gut oder schlecht war. Diese Ergebnisse können laut den Forschern beim Auffinden der Gründe helfen, warum manche Menschen eine höhere Neigung zum krankhaften Glücksspiel haben als andere.

Distanz lässt klarer denken

Für die Therapie ist der Aberglaube ein relevantes Thema, betont Glücksspielsucht-Experte Staudinger. "In Spielstätten kann man kaum reflektiert denken und wird leicht beeinflusst, mit gewisser Distanz gelingt es jedoch. Ein Aspekt der Therapie ist deshalb oft, sich derart schädliche Denkweisen und psychische Abläufe klar zu machen."

Die Erforschung der Glücksspielsucht zeigt immer mehr, dass sich Betroffene kaum in einen Topf werfen lassen. Für manche ist die Spielsucht ein Medikament, das Angst, Depression oder andere emotionale Probleme überdecken soll. Andere sind auf den ständigen Nervenkitzel aus und haben oft gleichzeitig auch Alkohol- oder Drogenprobleme. Hilfe suchen die meisten erst dann, wenn sie den Alltag nicht mehr bewältigen können.

Artikel vom 5. Juli 2011

 

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