Baldrian wirkt als Betäubungsmittel

Forschern der Universität Wien ist ein bedeutender Schritt zur Aufklärung des Wirkungsmechanismus von Baldrian gelungen. Demnach wirkt das alte Hausmittel ähnlich wie ein Anästhetikum. Das Forscherteam um Steffen Hering, dem Leiter des Departments für Pharmakologie und Toxikologie an der Universität Wien, berichtet über die neuesten Erkenntnisse in der Fachzeitschrift Neuropharmacology.

Ausgangspunkt des wissenschaftlichen Erfolges der Wiener Forscher war die Erforschung von so genannten GABAA-Rezeptoren, die für die Hemmung neuronaler Aktivitäten verantwortlich sind und deren Aktivierung Schlaf fördernd wirkt. Baldrian (Valeriana officinalis) ist seit hunderten Jahren als Beruhigungsmittel in Verwendung. "Für die Medizinische Anwendung von Bedeutung ist die Wurzel der Pflanze", so Sophia Khom, Leitautorin des Artikels, im pressetext-Gespräch. Der Wissenschaftlerin fiel auf, dass Baldrianextrakte eine hohe Aktivität an GABAA-Rezeptoren haben. "Das ist eine der wichtigsten Rezeptoren in der Medizin", erklärt die Wissenschaftlerin. Gemeinsam mit der stellvertretenden Leiterin des Departments für Pharmakognosie Brigitte Kopp wurde eine Kooperation eingegangen. Kopp stellte eine Reihe von Reinsubstanzen aus der Baldrianpflanze zur Verfügung.

Khom wurde schließlich bei der Valerensäure, einem aus Baldrianextrakten isolierten Wirkstoff, fündig und untersuchte im Folgenden den molekularen Angriffspunkt der Valerensäure am GABAA-Rezeptor. "Dabei konnten wir feststellen, dass die Valerensäure nicht am Rezeptor von Valium angreift, sondern an einem Punkt, an dem Arzneimittel, die zur Gruppe der Injektionsanästhetika gehören, wirken", erklärt die Forscherin. Baldrian beziehungsweise die Valerensäure könnten in Zukunft einmal als wirksames Anästhetikum verwendet werden. "Anästhetika mit ähnlicher Wirkung wie Valerensäure schalten zwar nicht die Empfindungen ab, haben dafür aber eine stark Schlaf fördernde Wirkung und werden deshalb in Kombination mit Schmerzmitteln vor Operationen intravenös verabreicht, um Patienten schnell in einen Tiefschlaf zu versetzen."

"Wir haben die Wirkung der Valerensäure an verschiedenen Typen von GABAA-Rezeptoren untersucht und festgestellt, dass sie nur an solchen Rezeptoren wirkt, an denen auch andere Anästhetika wirksam sind." Mit molekularbiologischen Methoden wurden Veränderungen in der Struktur der Rezeptoren vorgenommen. So wurden beispielsweise Aminosäuren ausgetauscht und damit Mutationen gesetzt. "Dabei wurde deutlich, dass Mutationen an GABAA-Kanälen, die die Wirkung von Anästhetika, wie etwa Etomidat und Propofol, verhindern, auch die Wirkung der Valerensäure aufheben", erklärt die Forscherin.

Seit rund drei Jahren beschäftigt sich Khom mit dem Screening von heimischen Heilpflanzen. "Für die Wissenschaft sind dabei zwei Dinge von Bedeutung: einerseits die Frage, ob die Pflanzen tatsächlich wirken und andererseits die fast noch wichtigere Frage, worüber die Substanzen wirken", erklärt die Wissenschaftlerin. Es sei nämlich von großer Bedeutung, wie eine seit Jahrhunderten bekannte Heilpflanze zum Präparat verarbeitet werde.

Artikel vom 25. Mai 2007

 

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