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Melatonin ist ein Hormon, das von den Pinealozyten in der Zirbeldrüse (Epiphyse) ? einem Teil des Zwischenhirns ? aus Serotonin produziert wird und den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers steuert.
Melatonin ist ein Metabolit des Tryptophanstoffwechsels. Es wird im Darm und in der Netzhaut des Auges gebildet und in der Zirbeldrüse unter dem Einfluss von Dunkelheit freigesetzt. Melatoninkonzentrationen steigen in der Nacht um den Faktor zehn an, das Maximum wird gegen drei Uhr morgens erreicht ? mit einer jahreszeitlich wechselnden Rhythmik. Die Sekretion wird durch Tageslicht gebremst. Die Bedeutung des Melatonins bei Jet-Lag und Schichtarbeit ist allgemein anerkannt, eine Anwendung von Melatonin ist in diesem Zusammenhang umstritten. Durch Koordinierung der circadian-rhythmischen Vorgänge im Körper entfaltet es seine Wirkung als Zeitgeber. Die Melatonin-induzierte Tiefschlafphase stimuliert die Ausschüttung des Wachstumshormons Somatotropin. Entsprechende chronische Störungen führen zur vorzeitigen Somatopause. Weitere wichtige Melatonineffekte liegen in seiner Wirkung als Antioxidans, die jedoch nicht therapeutisch genutzt werden kann. Wichtig ist auch die antigonadotrope Wirkung (Verkleinerung der Geschlechtsdrüsen) sowie das Herunterregeln vieler biologischer und oxidativer Prozesse, darauf ist insbesondere bei der Einnahme von Melatonin zu achten. Besonders eine Verringerung (aber auch eine Erhöhung) des Melatoninspiegels im Blut bewirkt Schlafstörungen oder Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus.
Die Biosynthese erfolgt aus Serotonin, das aus der Aminosäure Tryptophan erhalten wird, in zwei Schritten: zunächst wird Serotonin mit Acetyl-Coenzym A N-acetyliert, als Katalysator wirkt das Enzym Serotonin-N-Acetyltransferase (AANAT). Dann wird das Produkt N-Acetylserotonin mit S-Adenosylmethionin mittels der Acetylserotonin-O-Methyltransferase methyliert. Der erste Schritt ist geschwindigkeitsbestimmend und die Aktivität seines Enzyms wird indirekt vom Tageslicht reguliert.
90 % des Melatonins werden nach der Leberpassage durch Biotransformation mittels Cytochrom P450-Monooxygenasen zu 6-OH-Melatonin metabolisiert und in Form von sulfatierten (60?70 %) oder glucuronidierten (20?30 %) Derivaten über den Urin ausgeschieden.
Im Winter, wenn das Tageslicht nur wenige Stunden vorhält, bleibt der Melatoninspiegel auch tagsüber erhöht. Als Folge davon können Müdigkeit, Schlafstörungen und Winterdepressionen auftreten. Als Gegenmaßnahme wird empfohlen, die kurze Phase von Tageslicht für Spaziergänge zu nutzen. Alternativ kommt auch eine Lichttherapie in Frage.
Ein zu niedriger Melatoninspiegel kann mit Schlafstörungen einhergehen. Mit zunehmendem Alter produziert der Körper weniger Melatonin, die durchschnittliche Schlafdauer nimmt ab und Schlafprobleme treten gehäuft auf. Auch bei Schichtarbeit und bei Fernreisen (Jetlag) kann der Melatoninhaushalt durch die Zeitumstellung gestört werden.
Erholsamer Schlaf ist wichtig für ein funktionierendes Gedächtnis. Einer der Gründe dafür könnte der Einfluss von Melatonin auf den Hippocampus sein. Diese Region im Gehirn ist wichtig für das Lernen und Erinnern. Durch die Wirkung von Melatonin ist die neurophysiologische Grundlage von Lernen und Gedächtnis, die synaptische Plastizität, einem deutlichen Tag-Nacht-Rhythmus unterworfen.
In den USA sind Melatonin-Präparate seit 1994 frei verkäuflich als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Die Präparate sind dort sehr populär. So wurde 1995 in Kalifornien mehr Geld für Melatonin-Präparate ausgegeben als für Aspirin. Die Mittel werden in den USA stark beworben, und es werden ihnen unterschiedlichste ? teilweise sehr fragwürdige ? Heilwirkungen zugeschrieben:
Diese Wirkungen sind jedoch nicht belegt und es existieren keine kontrollierten Studien dazu. Im Gegensatz zu Medikamenten, die vor ihrer Zulassung eine Wirksamkeit nachweisen müssen, unterliegen Nahrungsergänzungsmittel wesentlich weniger strengen Auflagen durch die FDA.
Auch in Kanada sind Melatonin-Präparate als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich.
Im Juni 2007 erteilte die Europäische Kommission der Firma Neurim Pharmaceuticals EU-weit die Zulassung für das Melatonin-haltige Medikament Circadin® zur kurzfristigen Behandlung der primären Insomnie (schlechte Schlafqualität) bei Patienten ab 55 Jahren. Circadin® enthält zwei Milligramm Melatonin in retardierter Form. Die empfohlene Dosierung beträgt zwei Milligramm ein bis zwei Stunden vor dem Zubettgehen und nach der letzten Mahlzeit und soll über drei Wochen aufrechterhalten werden. In Deutschland sind Melatonin-haltige Arzneimittel verschreibungspflichtig. Eine Vermarktung als Nahrungsergänzungsmittel ist nicht erlaubt.
Nachdem 2010 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für Melatonin als Lebensmittelbestandteil die gesundheitsbezogene Aussage ?Melatonin trägt zur Linderung des subjektiven Jetlag-Gefühls bei.? genehmigte, drängten entsprechende Mittel als dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angezeigte ?ergänzende bilanzierte Diät? auf den deutschen Markt. Sie zählen zu den diätetischen Lebensmitteln.
Eine dem Melatonin ähnliche chemische Struktur besitzt die Substanz Agomelatin. Im Unterschied zu Melatonin weist Agomelatin neben einer Affinität zu den Melatonin-Rezeptoren vom Typ MT1 und MT2 auch antagonistische Eigenschaften am Serotonin-Rezeptor 5-HT2c auf. Agomelatin wird als Arzneistoff in der Behandlung von Depressionen verwendet.
Franz Waldhauser entdeckte 1990, dass Melatonin als Medikament die frühen Schlafphasen verkürzt und den REM-Schlaf verlängert.
Es gibt verschiedene Studien, die die Wirksamkeit von Melatonin bei Jetlag-Symptomatik untersucht haben. Die Daten sind recht unterschiedlich. Eine große Metaanalyse, publiziert in einem Cochrane Review, deutet auf eine signifikante Wirksamkeit von Melatonin in einer Dosierung von 0,5 bis 5 mg bei Jetlag-Symptomen hin. In all diesen Dosierungen hat Melatonin eine ähnliche Wirksamkeit. Allerdings ist die Zeit bis zum Einschlafen unter 5 mg am kürzesten. Die Wirkung ist umso größer, je mehr Zeitzonen überquert werden und bei ostwärts gerichteten Flügen ausgeprägter als bei westwärts gerichteten. In diesen Studien wurden subjektive Parameter des Schlafes untersucht, aber auch andere Symptome wie Tagesmüdigkeit und Wohlbefinden. Eine andere Metaanalyse konnte keinen signifikanten Vorteil von Melatonin bei Jetlag-Symptomatik feststellen. Hier zeigte sich keine signifikante Verkürzung der Einschlafzeit bei Schlafstörungen infolge Schichtarbeit. Auch die Gesamtschlafdauer konnte nicht deutlich verlängert werden. Ferner zeigte die Untersuchung, dass Wechselwirkungen mit Antithrombosemitteln und Antiepileptika möglich sind. Eine kurzzeitige Melatonineinnahme (< 3 Monate) hat keine schädlichen Folgen. Kritisiert an dieser Metaanalyse wurde die Auswahl der Studien (nur Kurzzeitanwendung, Dosierung, gewählte Endpunkte).
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