Forscher entschlüsseln Cannabis-Wirkweise

Wissenschaftler der Universität Heidelberg haben festgestellt, dass die schmerzlindernde und die unerwünschte Wirkung der im Cannabis enthaltenen Wirkstoffe Cannabinoide an verschiedenen Stellen im Nervensystem ausgelöst werden. Diese Erkenntnis könnte in Zukunft dazu führen, Cannabinoid-Medikamente zu entwickeln, die gezielt die Schmerzen bekämpfen, ohne gleichzeitig gefährliche Begleiterscheinungen hervorzurufen.

Das Wissenschaftsteam um Rohini Kuner und Nitin Agarwal vom Pharmakologischen Institut der Universität Heidelberg hat in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Mainz entdeckt, dass Cannabinoide Schmerzen vor allem an den Nervenfasern unterdrücken, während Rausch und Muskellähmungen überwiegend in Gehirn und Rückenmark entstehen. In der Wissenschaft ist seit langem bekannt, dass Cannabinoide chronische Schmerzen hemmen können. Aufgrund ihrer schweren Nebenwirkungen sind sie in den meisten Ländern jedoch nur in Ausnahmefällen zugelassen.

Der Körper produziert Cannabinoide als erste Hilfe gegen akute Schmerzen, bei Hitze oder mechanischen Reizen. Aber auch bei chronischen Entzündungen entfalten körpereigene Cannabinoide ihre schmerzlindernden Eigenschaften innerhalb des Nervensystems. Sie binden an passende Eiweiß-Strukturen, so genannte Cannabinoid-Rezeptoren, auf Nervenzellen und setzen dadurch Prozesse in Gang, die schließlich zur Schmerzlinderung führen. Auch Cannabinoide, die man dem Körper von außen zuführt, agieren auf diese Weise.

"Wir wollten wissen, wo genau innerhalb des schmerzverarbeitenden Nervensystems Cannabinoide aktiv werden und die komplexen Abläufe erforschen", so Kuner. Bisher haben die Forscher vermutet, dass die Substanzen vor allem im Zentralen Nervensystem - also in Gehirn und Rückenmark - ihre schmerzlindernde Wirkung als auch die unerwünschten Effekte entfalten. Bekannt war, dass Cannabinoide auch in den peripheren Teilen des Nervensystems - also in Nervenfasern - wirken können. Unbekannt war hingegen, dass diese als Hauptwirkungsorte der Schmerzlinderung fungieren.

Im Tierversuch mit gentechnisch veränderten Mäusen konnten die Forscher diese Vorstellung widerlegen: Mäuse, die in den peripheren Nervenfasern keine Cannabinoid-Rezeptoren ausbilden, im Zentralen Nervensystem jedoch über ein funktionierendes Rezeptor-System verfügen, zeigten eine stark erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Schmerzen. Damit konnten die Wissenschaftler belegen, dass die körpereigenen Cannabinoide ihre schmerzlindernde Wirkung also hauptsächlich über intakte periphere Nervenfasern und nicht über das Zentrale Nervensystem vermitteln. Die Behandlung der Mäuse mit Cannabinoiden blieb bei den gentechnisch veränderten Tieren erfolglos. Bei diesen Mäusen traten allerdings unerwünschte Nebenwirkungen wie etwa der Rauschzustand auf. Das wiederum lieferte den Beweis dafür, dass die Begleiterscheinungen vor allem durch Prozesse in Gehirn und Rückenmark entstehen.

Für die Entwicklung neuer Medikamente könnten Cannabinoide im Labor so verändert werden, dass sie als Medikamente in den peripheren Nervenfasern ihre schmerzstillenden Effekte entfalten, die so genannte Blut-Hirnschranke aber nicht mehr passieren können und damit nicht in das Zentrale Nervensystem gelangen. Da jeder fünfte Europäer unter chronischen Schmerzen leidet, sind die Forscher auf der Suche nach immer neuen Schmerzpräparaten.

Artikel vom 13. Juni 2007

 

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