Soziale Medien therapieren Alkoholkranke

In seinem Buch "Sober Is My New Drunk" berichtet der britische Autor Paul Carr, wie das Internet ihn dabei unterstützt hat, mit dem Trinken aufzuhören. Der Veröffentlichung seiner Bemühungen um Nüchternheit in Blogs und Postings verdankt der Schriftsteller nach eigenen Angaben seinen Erfolg. Mittlerweile lebt er seit über 850 Tagen alkoholfrei. Im Untertitel erwähnt Carr explizit die Anonymen Alkoholiker (AA), deren Ansatz seiner Meinung nach nicht nur für ihn, sondern auch allgemein nicht zielführend ist. "Es ist absolut unmöglich für einen Alkoholiker geheim mit dem Trinken aufzuhören", schreibt Carr.

"Das Wichtigste bei den Anonymen Alkoholikern sind die Meetings von Angesicht zu Angesicht. Der Erfolg gibt der Organisation recht. Weltweit haben die AA etwa 3,5 Mio. Menschen geholfen, trocken zu werden. Das ist einzigartig. Aus meiner Erfahrung beträgt die Erfolgsquote etwa fünf Prozent. Es geht nicht um Abstinenz für ein oder zwei Jahre, sondern um langfristigen Erfolg. Es gibt aber natürlich verschiedene Methoden den Alkoholismus zu bekämpfen. Das muss jeder für sich entscheiden", sagt ein Mitglied der Anonymen Alkoholiker Österreich.

Viele Verlockungen

Carr argumentiert, dass es in unserer Gesellschaft sehr viele Gelegenheiten gibt, zu trinken. Alkoholiker suchen solche Situationen unterbewusst auf und erliegen dann oft der Versuchung, schreibt der trockene Trinker. Seiner Meinung nach kann diese Versuchung nur eliminiert werden, indem alle Menschen im Umfeld über die geplante Abstinenz informiert werden. So kommt niemand auf die Idee, einem abstinenten Alkoholiker einen Drink anzubieten. Deshalb kritisiert Carr auch die Anonymen Alkoholiker: "Das Umfeld muss informiert werden, nicht eine handvoll Anonymer, die Stillschweigen gelobt haben", so Carr.

Der Autor hat aus diesen Überlegungen heraus beschlossen, sein Problem öffentlich zu machen. "Wer seinen Kampf gegen den Alkohol an die große Glocke hängt, riskiert viel. Ein Scheitern ist dann noch schwerer zu verkraften", so der anonyme Gesprächspartner. Trotzdem hat Carr seinen Entschluss das Trinken aufzugeben auf seinem Blog und via Twitter veröffentlicht. Da er viele Leser hat, ist die Gefahr, dass ihn jemand ertappen würde, wenn er seinen Vorasatz bräche, hoch. Das ist seine Motivation. Aber auch Menschen ohne große Online-Gefolgschaft können diesen Weg gehen.

Keine Politiker

"Es reicht schon, wenn einige Personen aus dem Umfeld informiert sind. Selbst Personen, die ihre Reputation schützen müssen, können durch ein paar E-Mails an Vertraute ein entsprechendes Umfeld schaffen", glaubt Carr. Für ihn ist wichtig, dass Alkoholiker Leuten, die sie täglich treffen, erzählen, dass sie ein Problem haben, an dem sie arbeiten. Lediglich für Gruppen wie Politiker, Anhänger gewisser Religionen oder Alkoholiker, die keine Kontakte mehr haben, eignet sich die Methode laut Carr nicht. Hier schlägt er professionelle Hilfe vor.

"Bei den AA ist jeder selbst für sich verantwortlich. Wichtig ist immer, den aktuellen Tag nüchtern zu überstehen und das bringt jeder zusammen. Wer regelmäßig zu den Meetings kommt und sich an die Empfehlungen hält, hat gute Chancen. Das Internet ist für uns momentan kein großes Thema. Es gibt eine Internetplattform und Kommunikationsmittel, aber das Gebot der Anonymität macht Dinge wie soziale Medien großteils unbrauchbar", so der Kontakt.

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Artikel vom 20. März 2012

 

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