Delirium tremens

Das Delirium tremens (von lat. delirium ?Irresein?, tremere ?zittern?; Synonyme: Entzugsdelirium, Alkoholdelirium) stellt eine ernste und potentiell lebensbedrohende Komplikation bei einer länger bestehenden Alkoholkrankheit dar. Auch bei anderen Suchterkrankungen kann ein Delirium tremens im Entzug auftreten, der Begriff wird aber in der Regel nur für das Vollbild des Alkoholentzuges benutzt.

Ein Delir ist dabei ein hirnorganisches Syndrom, das charakterisiert ist durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer ist unterschiedlich und der Schweregrad reicht von leicht bis lebensbedrohlich. Die ICD-10 Nummer für das Delirium tremens ist F 10.4.

Zahlen

Lebenszeitprävalenz: 5% (2-15%) aller alkoholabhängigen Personen, Rezidivrisiko 12-23%. Das Risiko, während eines Alkoholentzugs ein Delirium tremens zu entwickeln, liegt unter 1%.

Verlauf

Spontanverlauf: Die Letalität (Sterblichkeitsrate) des unbehandelten Delirs liegt bei 15%, wobei ältere und wiederholt delirante Patienten vor allem aufgrund ihrer Multimorbidität eine schlechtere Prognose haben. Für die restlichen Fälle gilt, dass nach 5-7 Tagen eine Erholung eintritt. Angst, Schlafstörungen und leichte vegetative Beschwerden können jedoch bis zu 6 Monate lang bestehen bleiben und dazu führen, dass der Alkoholkranke im Sinne einer Eigentherapie rückfällig wird, also wieder Alkohol trinkt, um sich von diesen Symptomen zu befreien. 20-30% aller Alkoholdelire werden durch epileptische Anfälle eingeleitet (also meist im Prädelir), diese werden jedoch oft als alkoholisch bedingter Dämmerzustand verkannt.

Nicht selten sind Delire, die im Rahmen anderer Alkoholfolgekrankheiten wie Pankreatitis, obere gastrointestinale Blutung bei Leberzirrhose oder Lungenentzündung (Pneumonie) auftreten. Wird der Patient wegen dieser Krankheiten ins Krankenhaus eingewiesen und bekommt dort keinen Alkohol mehr, dann kann zur Einweisungskrankheit das Delir als erschwerender Faktor dazukommen. Das gilt auch für Bewusstseinsstörungen nach Unfällen, insbesondere nach Schädel-Hirn-Verletzungen.

Symptome (Krankheitszeichen)

Die klinische Symptomatik setzt sich zusammen aus:

  • psychiatrischen Symptomen: Angst, örtliche, zeitliche und situative Orientierungsstörungen, Illusionäre Verkennungen, Halluzinationen, teils ausgeprägte Beeinflussbarkeit meist mit Beziehung zu Alkohol
    • Beispiel: Man sieht weiße Mäuse oder hört eine Stimme oder liest Texte von einem leeren Blatt Papier.
  • neurologischen Symptomen: Verwirrtheit mit wechselndem Bewusstseinsgrad bis hin zum Koma; Unruhe, feinschlägiges bis sehr grobschlägiges Zittern (genannt Tremor);
  • vegetativen Symptomen: profuses Schwitzen, Erhöhung von Puls, Blutdruck und Atemfrequenz.

Einteilung in Schweregrade

Unvollständiges Delir (sog. Prädelir), vollständiges Delir (das eigentliche Delirium tremens), lebensbedrohliches Delir.

Diagnose

Diese wird "klinisch" gestellt, das heißt: durch Beobachtung, körperliche Untersuchung und vor allem durch Eigen- und Fremdanamnese (Achtung: Dissimulation, auch falsche Angaben durch Angehörige infolge von Schamgefühlen). Man kann die Diagnose auch ex juvantibus stellen. Dabei verabreicht man Alkohol oral oder über die Vene. Insbesondere bei der Gabe über die Vene verschwinden die Symptome innerhalb von Minuten.

Differentialdiagnose

  • alle Unruhezustände anderer Art
  • Fieberdelir
  • extremer Harndrang, der nicht geäußert und behoben werden kann
  • Überdosierung von Asthmamitteln
  • ausgeprägte Schilddrüsenüberfunktion
  • Unterzucker bei Zuckerkranken
  • Meningitis oder Enzephalitis

Behandlung des Delirs

  • Es ist eine stationäre Einweisung in ein Krankenhaus notwendig.
  • Beim Vollbild der Krankheit ist eine Behandlung auf einer Intensivstation ratsam.
  • Da die Patienten oft aggressiv, unruhig und teilweise psychotisch sind, ist eine Behandlung mit Beruhigungsmitteln erforderlich.
    • Gut bewährt haben sich Benzodiazepine z. B. Diazepam oder Dikaliumclorazepat, anfangs oft in höherer Dosis bei intravenöser Gabe.
    • Antipsychotisch wirksame Stoffe (Neuroleptika) wie Haloperidol werden teilweise auch eingesetzt.
    • Die vegetative Symptomatik lässt sich oft mit Clonidin oder Betablockern recht gut behandeln.
    • Zur Verhinderung von Entzugskrämpfen hat sich Carbamazepin bewährt.
    • Das früher oft verwendete Clomethiazoledisilat (Distraneurin) ist in einigen Kliniken aus der Mode gekommen, wird aber weiterhin eingesetzt. Es kann durch Hypersekretion bronchiale Probleme als Nebenwirkung hervorrufen.
  • Vorsicht ist bei der Anwendung von Beruhigungsmittel immer bezüglich der Atmung geboten, da die meisten dieser Stoffe atemdepressiv wirken.
  • Ein Alkoholdelir lässt sich auch schnell durch die intravenöse Gabe von Alkohol unterbrechen. Dies ist dann sinnvoll, wenn eine zweite Erkrankung behandelt werden muss, deren Verlauf durch ein zusätzliches Delir verschlechtert wird. Allerdings sind die notwendigen Dosen zuvor nicht sicher abschätzbar. Auch ist das Zusammenspiel von (sedierenden) Medikamenten und Alkohol potentiell gefährlich, insbesondere wegen der Atemdepression, so dass in der Regel von der Gabe von Alkohol im Delirium tremens abgeraten werden muss.
  • Zusatzbehandlung:
    • Überwachung von Flüssigkeits-, Mineral- und Energiehaushalt.
    • Schutz vor Verletzungen: "Erst gurten, dann starten"
    • Schutz vor Auskühlung
    • Erkennung und Behandlung von Begleiterkrankungen wie Pneumonie, Pankreatitis, Leberzirrhose

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