Drogenfreie Behandlung bei ADHS

ExpertInnen aus dem deutschsprachigen Raum trafen sich am 3. Juli 2010 im Linzer Ars Electronica Center, um die Möglichkeiten der neuen Behandlungsmethode des ADHS mit Fettsäuren zu diskutieren.

Es handelt sich dabei um die Gabe von hoch dosierten Omega 3/6 Fettsäuren, die in diesem Falle als diätetisches Lebensmittel gelten (=Anm.: Lebensmittel mit medizinischer Indikation). Behandelt wird damit das so genannte AD(H)S = Aufmerksamkeits Defizit (Hyperaktivitäts) Syndrom, das bei rund 5% aller Kinder auftritt.

Kinderpsychiater Dr. Wolfgang Kaschnitz von der Universität Graz: "Betroffene Kinder zeigen häufig Zerstreutheit, Unkonzentriertheit, Ungeduld, Unaufmerksamkeit, Vergesslichkeit und Organisationsdefizite. Das kann kombiniert sein mit motorischer Hyperaktivität im Sinne vom Ruhelosigkeit beim Sitzen, extremem Gestikulieren oder ständigem Spiel mit kleinen Gegenständen in den Händen. Jugendliche zeigen zusätzlich ein hohes Maß an Impulsivität. Das drückt sich aus in der Unfähigkeit, Reaktionen auf Reize zu stoppen; spontanen Handlungen ohne vorherige Überlegung, extreme Ungeduld, Übertretung von Regeln, riskantem Fahrverhalten, gehäuften Konflikten und sozial unangepasstem Verhalten..."

Ursächlich liegt dabei im Gehirn eine Störung vor, die sowohl das dopaminerge als auch noradrenerege System betrifft. Verschiedene Hirnregionen sind strukturell und funktionell verändert. Vereinfacht "fehlt" dem Gehirn die Fähigkeit hyperaktive Reize zu beherrschen, es ist in dieser Ebene zu wenig aktiv. Daher wurde das Krankheitsbild schon in den 1930er-Jahren mit Stimulantien behandelt.

Neben der so genannten Psychoedukation standen bisher nur psychotrope Stimulantien mit Drogenstatus aus der Amphetaminegruppe zur Verfügung. Univ. Prof. Dr. Peter Hofmann, Gerichtspsychiater in Graz: "Diese höchst potenten Substanzen sind zur Korrektur starker Symptome kurzzeitig unverzichtbar, über deren Auswirkung in der Langzeitgabe gibt es nur wenige fundierte Daten."

Schon vor 20 Jahren gab es erste Hinweise darauf, dass auch ein Mangel an essentiellen Fettsäuren im Gehirn ursächlich beteiligt sein könnte. Prim. Univ. Prof. Dr. Karl Zwiauer, Veranstalter und Pädiater, St. Pölten: "Schon im Mutterleib kann es zu schweren Versorgungsmängeln kommen, die sich unmittelbar auf die Gehirnentwicklung auswirken. Das setzt sich dann durch Fehlernährung fort. Es werden die "falschen" Fette wie Cholesterin oder Transfette reichlich aufgenommen, die die ohnehin zu gering vorhandene Omega-3-Fettsäure aus den Bindungen verdrängen. Diese Omega-Fettsäuren sind unabdingbar für die Leistungsfähigkeit des Gehirns, denn 60% des Trockengewichts des Gehirns ist Fett, 22% der Hirnrinde bestehen aus ungesättigten Fettsäuren und die Nervenzellmembranen bestehen zu 50% aus diesen Fettsäuren. Sie verbessern die Signalleitungsfähigkeit der Nerven und stärken den Dopaminstoffwechsel.

Der Ansatz der neuen Behandlungsmethode mit einer bestimmten Kombination aus hoch dosierten essentiellen Omega-Fettsäuren besteht nun darin, das Gehirn langsam wieder damit aufzusättigen und die Symptome zum Verschwinden zu bringen. Viele Daten dazu waren in der Vergangenheit spekulativ. Erst randomisierte, placebokontrollierte Studien mit dem Präparat "Euqazen pro" (Handelsname in Österreich) konnten die Wirksamkeit belegen. "Euqazen pro" besteht aus einer Kombination von Omega-3/6-Fettsäuren und ist frei in der Apotheke erhältlich.

Prof. Dr. Michael Huss, Univ. Mainz: "Ich konnte das zu Beginn kaum glauben und habe daher zunächst in meiner Familie eine Miniaturstudie zur Schlafunruhe durchgeführt. Als ich sah, dass dieses Phänomen bei allen meinen Kindern deutlich zurück ging, habe ich begonnen, mich intensiv wissenschaftlich damit zu beschäftigen. Die Therapie kann allein bei leichten bis moderaten Fällen sowie in Kombination mit den herkömmlichen Medikamenten eingesetzt werden."

Dr. Ulrich Preuss, Univ. Basel, beklagte allerdings: "Noch immer ist diese Behandlungsoption selbst in Fachkreisen zu wenig bekannt. Es ist wichtig zu wissen, dass es einige Wochen braucht, ehe die erste Erfolge gesehen werden. Das muss man gleich zu beginn der Therapie unbedingt erklären."

Ergänzend dazu Zwiauer: "Und man darf nicht dem Fehlschluss unterliegen, dass jedes Fettsäurepräparat aus der Drogerie idente Erfolge bringt. Diese Produkte sind völlig wirkungslos, da viel zu niedrig dosiert. Nur das wissenschaftlich untersuchte Präparat aus der Apotheke darf eingesetzt werden!"

MedCommunications GmbH
Artikel vom 7. Juli 2010

 

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