Endocannabinoid-System

Das Endocannabinoid-System (Abk. für endogenes Cannabinoid-System) umfasst die Cannabinoid-Rezeptoren CB-1 und CB-2 mit ihren natürlichen Liganden und den nachgeschalteten intrazellulären Signalverarbeitungs- und Effektormechanismen.

Namensgebend waren die Wirkstoffe der Cannabispflanze, die Cannabinoide, die zur Entdeckung dieses Systems geführt haben. Die Entdeckung dieser spezifischen Rezeptoren führte zwangsläufig zur Erkenntnis, dass es auch körpereigene Liganden (Endocannabinoide) an diese Rezeptoren geben müsse.

1992 konnten Devane et al., aus Schweinehirnen die erste Substanz isolieren und in der Folge synthetisieren, die an den CB1-Rezeptor bindet: ein Kondensationsprodukt aus Arachidonsäure und Ethanolamin, das N-Arachidonylethanolamid (AEA), das oft als Anandamid (in Anlehnung an das Sanskrit-Wort für ?Glückseligkeit?: Ananda) bezeichnet wird. 1993 folgten als weitere Substanzen γ-Linolenoylethanolamid und Docosatetraenoylethanolamid, 1997 2-Arachidonyglycerol (2-AG), 2001 2-Arachidonylglycerylether (Noladinäther) und 2002 das O-Arachidonylethanolamid (Virodhamin) .

N-Palmitoylethanolamin (PEA) ist eine weitere Substanz mit endocannabinoidartige Wirkung, die im Stratum granulosum der Haut vorkommt und u.a. eine antioxidative Schutzwirkung gegenüber UVB-Strahlung besitzt. 2-Arachidonyl-Glycerol und Arachidonylethanolamid sind Derivate der Arachidonsäure und werden über Enzyme im Lipidstoffwechsel gebildet.

Cannabinoid-Rezeptoren

Cannabinoide aktivieren sogenannte Cannabinoid-Rezeptoren. Bisher sind zwei Cannabinoid-Rezeptoren in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben worden (CB1-R und CB2-R). Beide gehören zu der Klasse der G-Protein gekoppelten Rezeptoren. Beide Cannabinoid-Rezeptoren modulieren verschiedene Ionenkanäle. Weiterhin werden verschiedene Signalwege innerhalb der Zelle durch Cannabinoid-Rezeptoren beeinflusst.

Der CB1-Rezeptor findet sich vorwiegend in Nervenzellen. Am häufigsten kommt er im Kleinhirn, in den Basalganglien sowie im Hippokampus vor. Aber auch im peripheren Nervensystem (z.B. im Darm) finden sich CB1-Rezeptoren. CB2-Rezeptoren finden sich dagegen vorwiegend auf Zellen des Immunsystems und auf Zellen, die am Knochenauf- (Osteoblasten) und -abbau (Osteoklasten) beteiligt sind. Aufgrund aktueller pharmakologischer Befunden wird die Existenz mindestens eines weiteren Cannabinoid-Rezeptors vermutet.

Agonisten und Antagonisten

Das Cannabinoidsystem lässt sich pharmakologisch beeinflussen. Agonistisch wirken Cannabinoide, siehe dazu Cannabis als Medizin und Dronabinol. Antagonistisch wirkt der CB-1-Blocker Rimonabant, der möglicherweise als Appetitzügler bei Übergewicht und als unterstützendes Medikament zur Nikotinentwöhnung eine medizinische Bedeutung erlangen wird. Im Bereich der Forschung findet desweiteren eine Vielzahl an Agonisten und Antagonisten Einsatz. So wird es möglich selektiv einen der Rezeptor-Typen zu blockieren oder zu aktivieren, ohne den anderen zu beeinflussen.

Funktionelle Bedeutung

Über die funktionelle Bedeutung des Endocannabinoid-Systems ist bisher nur wenig bekannt. Die Verteilung der Rezeptoren deutet bereits eine Reihe möglicher Funktionen an. So wird vermutet, dass der CB2-R eine wichtige Rolle in der Regulation bzw. Modulation des Immunsystems spielt. Da die Hirnregionen, in denen der CB1-R vorwiegend gefunden wird eine wichtige Rolle bei Gedächtniss (Hippokampus und Kleinhirn) sowie Bewegungsregulation (Basalganglien und Kleinhirn) spielen, liegt die Vermutung nahe, dass Endocannabinoide Lern- und Bewegungsprozesse beeinflussen.

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass das Vorhandensein des CB1-R notwendig für das Löschen bestimmter negativer Erinnerungen ist. Daher wird vermutet, dass Endocannabinoide eine wichtige Rolle bei bestimmten Angststörungen spielen. Weitere physiologische Prozesse, bei denen sie von Bedeutung sein könnten sind u.a. Schmerzzustände, Schlafinduktion, Appetit- und Motilitätssteuerung, Temperatursteuerung und Neuroprotektion.

Studien mit zum Teil widersprüchlichen Ergebnissen wurden durchgeführt bei Patienten mit

  • Bewegungsstörungen, so bei Dystonie, Gilles-de-la-Tourette-Syndrom, Chorea Huntington und Morbus Parkinson
  • multipler Sklerose (zur Beinflussung von Ataxie, neurogener Blasenentleerungsstörung, Schmerzen, Spastizität, Tremor und Hemmung der Neurodegeneration
  • anderen Erkrankungen, die mit Spastizität einhergehen (Querschnittslähmung, AIDS-Enzephalomyelopathie)
  • verschiedenen neurologischen Schmerzsyndromen (verschiedene Kopfschmerzformen, Neuralgien, Neuropathien)
  • Epilepsie
  • Schädelhirntrauma, neurodegenerative Erkrankungen, amyotropher Lateralsklerose (zur Neuroprotektion)
  • postoperativem und Chemotherapie-bedingtem Erbrechen

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