Operation Spring

Operation Spring ist die Bezeichnung für eine großangelegte Polizeioperation der österreichischen Polizei in den Jahren 1999 und 2000 im Kampf gegen den organisierten Drogenhandel. Im Zuge dieser Operation wurden ausschließlich Menschen mit dunkler Hautfarbe festgenommen und beschuldigt. Dem Zugriff am 27. Mai 1999 als etwa 850 Polizisten österreichweit Wohnungen und Flüchtlingsheime von Beschuldigten stürmten, ging eine längere Operservation voraus, bei der unter anderem auch zum ersten Mal der große Lauschangriff zum Einsatz kam.

Operation Spring war die größte kriminalpolizeiliche Aktion in Österreich in der zweiten Republik. Insgesamt wurden 102 Afrikaner verhaftet. Rund ein Drittel der Festgenommenen musste nach kurzer Zeit wieder freigelassen werden. Einige wurden allerdings wenig später mangels eines gültigen Aufenthalttitels in Schubhaft genommen und in der Folge aus Österreich abgeschoben, obwohl jedoch keine strafrechtliche Verurteilungen gegen sie vorlagen. Ein Zusammenhang mit der Operation Spring scheint jedoch auf der Hand zu liegen. Die Medien berichteten von einem noch nie da gewesenen Erfolg der Polizei im Kampf gegen die organisierte Kriminalität: "Mit Hilfe des ersten Großen Lauschangriffs sei es gelungen, die Bosse eines international agierenden nigerianischen Drogenrings festzunehmen". Die in dieser Operation angewandte optische und akkustische Überwachung (=Lauschangriff) befand sich zu diesem Zeitpunkt erst in Probe und benötige im Zusammenhang damit eine Erfolgsmeldung.

In den folgenden Jahren entwickelte sich daraus das größte Justizverfahren gegen um die 100 Afrikaner in Österreich. Fast alle Angeklagten wurden verurteilt. Das gesamte Strafausmaß aller Verurteilen zusammen beträgt mehrere hundert Jahre Haft.

Kritikpunkte an den Verfahren

Die von Polizei und Justiz angewandten Methoden riefen Unmut nicht nur bei Menschenrechtsorganisationen hervor. Vor allem die Fairness des Verfahrens wird in Frage gestellt. Bemängelt werden ua. die schlechte Qualität der akustischen Ton- und optischen Videoaufnahmen, die dazu führten, dass Personen auf den Aufnahmen nur schwer zu identifizieren waren. Auch die Zuordnung der Stimmen zu den Personen auf den Videoaufnahmen stellte sich als problemtatisch heraus. So konnte im letzten offenen Verfahren von Sachverständigen erwiesen werden, dass die Zuordnung einer Stimme zum betreffenden Angeklagten auf den Aufnahmen nicht eindeutig möglich sei. Bei Anklageerhebung waren aber die Zuordnungen der Stimmen zu den Angeklagten jedoch noch für die StA und Polizei unproblematisch.

Auch die Übersetzung des Überwachungsmaterial stellt sich im Nachhinein als fragwürdig heraus. Da der Großteil der Angeklagten auf den Aufnahmen in ihrer Muttersprache zu hören war, musste ein Übersetzer herangezogen werden. Dieser übernahm auch gleich die Zuordnung der Stimmen zu den Personen auf den Aufnahmen. Im Laufe der letzten Verfahren, wo ein zweiter Übersetzer herangezogen wurde, stellte sich heraus, dass Passagen komplett falsch übersetzt wurden. Die Übersetzungen und Zuordnungen der Stimmen wurden in den Verfahren als wichigte Grundlage für die Anklageerhebung herangezogen. Diese Beweismittel gehen jedoch auf einen Übersetzer zurück, der im Hauptverfahren nie auftrat und nie als Zeuge oder Sachverständige vernommen wurde. Dies hatte zur Folge, dass dieser Übersetzer weder vereidigt noch darauf hingewiesen wurde, dass eine Falschaussage, hier eine falsche Übersetzung, strafbar ist.

Im Verfahren wurden auch einige Kronzeugen herangezogen. Diese Zeugen, die einen Großteil der angeklagten Afrikaner belasteten, traten jedoch vermummt und anonymisiert auf. Sie waren von Kopf bis Fuß bekleidet und ihr Gesicht war durch dunkle Motorradhelme und Skigesichtshauben verdeckt. Auch die Personalien dieser Zeugen wurden gegenüber der Verteidigung nicht preisgegeben. Begründet wurde diese bis dato nicht dagewesene Zeugenvernehmung mit dem Risiko für die Zeugen, die angeblich wegen ihrer Aussagen um ihr Leben fürchten müssten. Anzumerken ist jedoch das mittlerweile der Oberste Gerichtshof diese Art der Vernehmung für die Zukunft als unzulässig befunden hat. Fragwürdig erscheint auch, dass etliche Fragen der Verteidung an die Zeugen vom Richter aus Schutz für die Zeugen zurückgewiesen wurden. Weitere Fragen wirft ein Hauptzeuge auf, der in Zuge des Dokumentarfilms von Schuster und Sindelgruber zu der Operation Spring seine Aussage und Beschuldigungen widerrief.

Für Empörung sorgte auch immer wieder folgende Passage in Urteilsbegründungen: "Verkauf einer nicht mehr feststellbaren, jedenfalls aber großen Menge Heroin und Kokain, an unbekannt gebliebenen Endabnehmer". Die Vorgänge rund um diese Polizeiaktion und die Prozesshintergründe wurden von Angelika Schuster und Tristan Sindelgruber dokumentarisch verfilmt . Premiere dieses Dokumentarfilmes war am 23. September 2005 in Kinos in Wien und Graz. Die Folgen der erneuten Aufarbeitung sind noch nicht abzusehen. Die Justizministerin und Innenministerin gaben diesbezüglich nur knappe Kommentare ab und machten ihre weitere Vorgehensweise vom Ausgang noch ausstehender Strafverfahren zu diesem Themenkomplex abhängig.

Drogenbosse, Kleinkriminelle oder Justizopfer?

Obiora C-Ik Ofoedu

Auch der aus Nigeria stammende Literat und politische Aktivist Obiora C-Ik Ofoedu wurde im Zuge der "Operation Spring" verhaftet. Zunächst wurde Ofoedu aufgrund von Polizeiinformationen an die Medien als Drogenboss gehandelt. Charles Ofoedu war Teil der Plattform für eine Welt ohne Rassismus. Nach seiner Enthaftung nach 3 Monaten in Untersuchungshaft, arbeitete er weiter in der Plattform. Ofoedu wurde im Jahr 2000 schließlich rechtskräftig wegen Geldwäsche - er hatte für Landsleute Geld überwiesen, das aus Drogenhandel stammte - verurteilt. Für alle anderen ihm ursprünglich zur Last gelegten Verbrechen erhob die Staatsanwaltschaft keine Anklage, bzw. wurde er davon frei gesprochen und anschließen für 3 Monate in Schubhaft genommen, nachdem die Fremdenpolizei ein 10-jähriges Aufenthaltsverbot verhängt hatte. Seine Erlebnisse mit der österreichischen Justiz verarbeitete er im Buch "Morgengrauen". Den Vorwurf, Ofoedu sei der Kopf eines international agierenden Drogenrings, musste die Justiz fallen lassen. Schon unmittelbar nach seiner Verhaftung herrschte in der Plattform die Meinung, dass Charles aus politischen Gründen zum Drogenboss konstruiert werden sollte. Ofoedu hält sich sechs Jahre nach Inkrafttreten eines Aufenthaltsverbotes für den gesamten Schengenraum weiterhin illegal in Österreich auf.

Emmanuel Chukwujekwu

Auch Chukwujekwu wurde 1999 als Drogenboss präsentiert. Nachdem er in erster Instanz deswegen zu 9 Jahren Haft verurteilt wurde, erfolgte in der zweiten Instanz ein Freispruch. Der oberste Gerichtshof hob die Urteile wieder auf und der Fall wurde wieder an die erste Instanz verwiesen. Ende Dezember 2005 wurde Chukwujekwu, nachdem er fast 4 Jahre und 9 Monate in Untersuchungshaft verbracht hatte, in erster Instanz zu genau 4 Jahren und 9 Monaten Haftstrafe verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts konnte Chukwujekwu nun als Drogenverpacker überführt werden. Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig, es wurde Nichtigkeitsbeschwerde eingebracht.

Kommentare zu den Operation Spring-Prozessen

  • Emmanuel Chukwujekwu in der März-Ausgabe 2004 des Augustin: Es war kein Krieg gegen Drogen, es war ein Krieg gegen die Black Community in Wien... Unvorstellbar, dass so etwas in einem zivilisierten Land wie Österreich passiert.
  • Peter Pilz (österreichischer Nationalratsabgeordneter) am 30. Dezember 2005 auf seiner Homepage: ... Ich vermute, dass mit den ?Beweisen? der Operation Spring Schuldige und Unschuldige verurteilt wurden. ... Ein ähnlicher Prozess gegen russische Mafiosi hätte in einem Fiasko geendet. ... hätten internationale Spitzenanwälte die ?Beweise? in der Luft zerrissen. Polizei und Staatsanwaltschaft wären in einem Sumpf der Lächerlichkeit unter gegangen. Die Stümper des österreichischen Rechtsstaats hätten eine verheerende Lektion erhalten. ...
  • Max Edelbacher, leitender Kriminalbeamter als Fazit zur Operation Spring: ... Die angewandten Methoden waren nicht erfolgreich ... Das Ergebnis ist nicht von bleibendem Wert. Größere Drogenbosse konnten nicht verhaftet werden ... Heutzutage verfolgt die Polizei eine andere Strategie, und konzentriert sich auf die Verfolgung der kleinen Straßenhändler ...
  • Karin Gastinger (Justizministerin) in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage am 08. Dezember 2005, BMJ-Pr7000/0088-Pr 1/2005: ...Es ging um eine rein juristische Bewertung der im Film dargestellten Misstände und Ungereimtheiten ... Der Dokumentarfilm wurde von allen Anwesenden ambivalent beurteilt. Wenn Verfahrensergebnisse auf falschen Übersetzungen und Zeugenaussagen aufbauen, schürt dies natürlich Zweifel, ob die Rechtsfindung zutreffend war. Andererseits ist es ein Manko dieser Dokumentation, dass die Sicherheits- und Anklagebehörden nicht zu Wort gekommen sind, um eine ausgewogene Darstellung zu erreichen ... Weisungen des BMJ kommen nur bei kontroversiellen Standpunkten in Frage, die im Bereich des in Rede stehenden Verfahrenskomplexes allerdings nicht vorliegen.

Film

Ausgezeichnet mit dem Wiener Filmpreis 2005:

  • Sindelgruber Tristan, Film- & Multimediaproduktion. Angelika Schuster, Tristan Sindelgruber: Operation Spring . 2005

Dieser Text ist aus der Wikipedia - zum Original, Autoren.
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