Zigarettenschmuggel im Nachkriegsdeutschland

Im Nachkriegsdeutschland wurden wegen des völligen Zusammenbruchs von Wirtschaft und Geldverkehr Zigaretten zu einer Ersatzwährung; der Schmuggel blühte.

In den 1930er Jahren war Deutschland der größte Tabakimporteur der Welt, pro Jahr wurden 100.000t (aus Griechenland, der Türkei und Bulgarien) eingeführt. Dabei rauchten 80% aller deutschen Männer (12,5 Zigaretten pro Tag) und 20 % aller Frauen (7,2 Zigaretten pro Tag). Im August 1939, mit Beginn des zweiten Weltkriegs, wurde der Tabak rationiert; es gab nun Raucherkarten: für erwachsene Männer, denen pro Monat 40 Zigaretten zustanden und für Frauen im Alter von 25?55, die pro Monat 20 erhielten.

Es konnte kein Tabak mehr importiert werden, statt dessen wurde im Inland produziert. Die bedeutendsten Anbauzentren waren Hamburg und Dresden, beide unter Kontrolle der britischen beziehungsweise sowjetischen Besatzungsregierung. Die Alliierten versuchten, eine minimale Versorgung aufrechtzuerhalten: die Tabakbauern mussten ihre Ernte abliefern; die Alliierten überwachten die Zigarettenverteilung und -produktion. Von den Alliierten bekamen die Bauern für 100 kg Tabak zweihundert Reichsmark. Auf dem Schwarzmarkt konnten sie allerdings bereits für ein einziges Kilogramm den gleichen Betrag erlösen. Der Verstoß gegen die Pflicht zur Abgabe brachte eine hohe Strafe mit sich, trotzdem schlugen fast alle Bauern Profit daraus.

Der Schmuggel an den Grenzen zu den Niederlanden und Belgien blühte. Die Schieber bezogen ihre Ware aus den Beständen der Besatzungstruppen oder konzentrierten über Aufkäufer und Schlepper Warenströme aus anderen Quellen. Meist waren diese Schieber normale Großhändler, da Lagerraum und eine nötige legale ?Fassade? vorhanden waren. Diese Großisten verkauften Waren an Zwischenhändler und diese an die Straßenhändler. Der Großhändler zahlte für eine amerikanische Zigarette zwei bis drei Reichsmark (RM), der Endverbraucher musste schon fünf bis sieben RM dafür zahlen. Als Zigarettenschieber konnte man so gut Geld verdienen ? ein Großhändler erlangte im Monat mehrere Millionen RM und auch der Kleinhändler verdiente nicht schlecht: 5000 RM im Monat ? durchschnittlicher Stundenlohn eines Industriearbeiters war dagegen 99 Pfennige. Oft wurden Kinder zum Schmuggeln geschickt, da diese von den Behörden nicht bestraft werden konnten. Auch wurde der Schmuggel oft von der örtlichen Kirche gedeckt ? woraufhin ein Teil des Gewinns als Dank dafür dem Wiederaufbau der Kirchengebäude zugute kam; seitdem tragen viele Kirchen den Spitznamen St. Mokka.

In Deutschland kostete 1946?1948 eine Zigarette auf dem Schwarzmarkt 2,50?3,50 RM, eine Schachtel aber 50?140 RM, deshalb wurden lieber lose Zigaretten gekauft. Es fand auch ein reger Tausch mit Zigaretten statt, beispielsweise waren 50 kg Kohle 14 Zigaretten wert. Die Zigarette so war zu einer ?zweiten Währung? geworden, und auch überall als Zahlungsmittel akzeptiert. Der Hauptgrund war das Misstrauen, das gegenüber der RM vorhanden war. Außerdem war die Zigarette eine ideale Warenreservewährung, war leicht teilbar und überall akzeptiert.

Die Regierung ging rigoros gegen den Schwarzmarkt vor und es gab hohe Geldstrafen oder Zwangsarbeit für das Tauschen. Schieber galten in der Regierung als ?Parasiten?, für große Schieber galt teilweise die Todesstrafe. Das Thüringer Parlament verbot über ein Gesetz den illegalen Handel von Lebensmitteln, Arzneimitteln, Maschinen und Zigaretten, welches bei schwerem Verstoß die Todesstrafe vorsah. Mit Bestechung und Korruption versuchten sich die Glieder der Schwarzmarkt-Handelskette vor Kontrollen zu schützen und schotteten sich auch voreinander ab.

Am 21. Juni 1948 gab es in den deutschen Westzonen die Währungsreform, Zigaretten waren nun im Überfluss vorhanden, aber dafür herrsche Geldknappheit. Dies bedeutete, dass legale Zigaretten zwar viel billiger waren, man sich aber trotzdem weniger leisten konnte als vorher; eine Zigarette kostete nun 10 Pfennige. Die Raucherkarten verschwanden und auf den Zigaretten war nun ein Steueranteil von 70%. Daraus folgte, dass Großschieber im Geschäft blieben, da der Schwarzmarkt steuerfrei war. Der Schwarzmarkt für Zigaretten existierte noch bis in die Mitte der 1950er Jahre. Dann lohnte er sich wegen des Wohlstandes durch das Wirtschaftswunder nicht mehr.

Bereits während des Krieges gab es auch Eigenanbau von Tabak durch Hobbygärtner. Diesen war die Haltung von 200 Pflanzen erlaubt, 20 davon steuerfrei. Ihr Produkt sollte nur für den Eigenverbrauch, nicht zum Tauschen da sein, nur der Tausch des Tabaks gegen Zigaretten bei staatlichen Stellen war erlaubt. Betrug war nicht unüblich, allerdings war das Produkt von geringer Qualität, denn für Hobbybauern ist der Fermentierungsprozess problematisch.


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