Drogentests bei Bewerbungen erhitzen die Gemüter

Gesundheitschecks vor der Einstellung, bei denen Bewerber immer häufiger auch auf Drogen getestet werden, geraten vor allem bei Datenschützern zunehmend in die Kritik. Selbst wenn Arbeitgeber argumentieren, dass sie wissen wollen, wie es ihren Mitarbeitern geht und ob sie gesund genug sind, um die Anforderungen zu erfüllen, kritisieren Gewerkschafter die Praxis von Konzernriesen wie RWE, ThyssenKrupp Stahl oder der RAG Deutsche Steinkohle. Wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung heute, Dienstag, berichtet, führen diese Unternehmen Tests dieser Art durch. Begründet wird dies mit "Sicherheitsrisiken in sensiblen Tätigkeiten".

"Es gibt noch keine gesetzliche Regelung zu dieser Art von Tests. Werden sie in Branchen angewendet, in denen keine Verdachtsmomente vorliegen und auch kein gesetzlich verpflichtetes Interesse des Arbeitgebers besteht, stellen sie einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar, das vom Grundgesetz geschützt ist", so Peter Groll, Geschäftsführer der Arbeitsrechtskanzlei Groll & Partner. Der Jurist weist darauf hin, dass es insbesondere bei bewerbungsbezogenen Gesundheits- und Drogenchecks einer freiwilligen Einwilligung der Mitarbeiter bedarf. "Die Freiheit ist aber nur bedingt gegeben. Wer die Wahl zwischen Drogentest oder Nichteinstellung hat, gibt die Einwilligung zwar ab. Ob diese dann jedoch freiwillig geschieht, bleibt dahingestellt", sagt Groll.

Die umstrittenen Drogentests sind für Gewerkschafter ein weiteres Kapitel, das sich direkt an die Datenskandale bei Autogigant Daimler, den Einzelhandelsketten Müller und Lidl sowie der Deutschen Post und Deutschen Bahn anschließt. Zwar seien andere arbeitsrechtliche Praktiken erlaubt oder befänden sich in einer rechtlichen Grauzone, einem positiven Image sei dies jedoch nicht zuträglich, meinen PR-Fachleute. Ins Kreuzfeuer der Kritik gerät bei Drogentests, dass sich Bewerber zu Urintests oder manchmal auch zu Haarproben bereit erklären müssen, um für einen Job im Gespräch zu bleiben. Dabei wird auf THC (Cannabis), Kokain und vier bis fünf weitere gängige Substanzen getestet.

Aussagen der im Zentrum stehenden deutschen Großkonzerne erwecken bereits den Eindruck, dass die Praxis zum Standard geworden ist. "Wir machen bei Neueinstellungen generell einen Gesundheitscheck mit Drogenscreening", heißt es von ThyssenKrupp Stahl. RAG formuliert den Hintergrund seiner Testabsicht noch deutlicher: "Wir können keine Leute gebrauchen, die unter Drogen stehen." Auch RWE begründet eine Notwendigkeit von Drogentests damit, dass "Mitarbeiter mit Suchtverhalten sich und andere gefährden könnten". Checks von Bewerbern gehören jedoch längst nicht nur im Einzelhandel, der Stahl-, Auto- sowie Energiebranche zum Standard. Auch in der Chemieindustrie und selbst beim WDR wird "im Einzelfall" getestet. Datenschützer halten Drogentests in nicht-sicherheitsrelevanten Berufen aber für unzulässig.

Nicht zuletzt auch dadurch, dass selbst der Staat die Bewerber für den Öffentlichen Dienst auf Drogen überprüft, ist die Rechtslage nicht eindeutig. Schließlich gibt es in Deutschland bisher keine klare Vorschrift für Tests dieser Art. Rechtsfachleute weisen in diesem Zusammenhang aber darauf hin, dass es zwischen dem Interesse des Arbeitgebers und des Bewerbers abzuwägen gilt. Dass sämtliche Bewerber aller Branchen hingegen generell überprüft werden können, ist umstritten. Schließlich gibt es nur wenige Branchen, wo das Interesse des Arbeitgebers sogar vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist - also dort, wo andere gefährdet werden können (Piloten, Lokführer, Berufskraftfahrer).

Artikel vom 16. Juni 2009

 

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