Kommentar: Das Glücksspielsucht-Dilemma

Der Holper-Start der neuen Lotterie Eurojackpot ist letztlich hausgemacht. Denn er ist nichts anderes als das Ergebnis des Glückspielsucht-Dilemmas, in das sich die staatlichen Lotterien selbst hinein manövriert haben.

Um sich langfristig die Milliardengewinne aus dem staatlich organisierten Glücksspiel von Lotto, Toto, Oddset und diversen Zusatz-Lotterien zu sichern, hatten die Länder kurzerhand den Schutz der Bevölkerung vor Spielsucht zum politischen Staatsziel erklärt. So sollte das Gewinn bringende Staatsmonopol erhalten - und vor allem die private Konkurrenz außen vor bleiben. Das Ganze goss man 2008 in den sogenannten Glücksspielstaatsvertrag, der die Werbung für Glücksspiele verbietet.

Doch dummerweise - zumindest aus Sicht der Länder - bestehen sowohl europarechtlich als auch nach deutschem Recht erhebliche Bedenken gegen dieses Vorgehen. Auf jeden Fall dann, wenn das im Staatsvertrag festgeschriebene Werbeverbot für Glücksspiel nicht konsequent umgesetzt wird. Nun haben die deutschen staatlichen Lotto-Anbieter das Problem, dass ihnen die transnationale Lotterie "Euromillions" seit einigen Jahren mehr und mehr das Wasser abzugraben droht. Denn Millionen Spieler in Frankreich, Spanien, Großbritannien, Österreich, Belgien, Irland, Luxemburg, Portugal und der Schweiz hoffen bei den in ihren Ländern völlig legalen "Euromillions" auf das große Los eines manchmal bis in den dreistelligen Millionenbereich gehenden Jackpots.

Auch geschätzte 800 000 Tipper aus Deutschland spielen inzwischen mit - über das Internet. Diese Spieler will der deutsche Lottoblock jetzt mit seinem eigenen europäischen Eurojackpot zurückgewinnen. Genau an dieser Stelle wird das Glücksspielsucht-Dilemma deutlich: Auch wenn niemand ernsthaft glaubt, dass man mit einer neuen Mega-Lotterie die Glücksspielsucht-Vorbeugung stärkt, so muss dafür dennoch das geltende Recht des Werbeverbotes für Glücksspiel beachtet werden. Eine Lotterie aber, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht beworben wird, kann aber mangels Mitspielern nicht funktionieren. Und so kommt es eben zum Holper-Start von Eurojackpot und zur Kannibalisierung des traditionellen Lotto.

Ein Kommentar von Horst Kuhnes.

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Westdeutsche Zeitung
Artikel vom 26. März 2012

 

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