Glücksspielsucht betrifft viele Jugendliche

Bereits jeder vierte Jugendliche im Alter zwischen 16 und 17 Jahren hat im letzten Jahr schon um Geld gespielt, obwohl dies erst ab 18 Jahren erlaubt ist. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA zum Glücksspielverhalten in Deutschland. In zwei Informationsbroschüren klärt die BZgA über Glücksspiele und deren Gefahren auf und ermutigt dazu, sich in einem Selbsttest mit dem eigenen Spielverhalten auseinanderzusetzen.

"Jugendliche sind besonders gefährdet, eine Sucht nach Glücksspielen zu entwickeln", berichtet Heike Bender-Roth, BZgA-Referentin für Glücksspielsucht, im pressetext-Interview. Der verhängnisvolle Glaube an den Zufall, den die Sozialarbeiterin als "gedankliche Verzerrung" bezeichnet, sei bei Jugendlichen besonders ausgeprägt. "Je jünger man ist, desto eher überschätzt man die Fähigkeit, sich selbst unter Kontrolle zu haben. Jugendliche sprechen stärker als Erwachsene auf Werbung an und nehmen besonders leicht Menschen als Vorbilder, die mit einem Schlag viel Geld gewinnen. Die Realität sieht jedoch anders aus", so Bender-Roth. Besonders männliche Jugendliche seien von Glücksspielsucht betroffen, wie auch das Glücksspiel allgemein eine Männersucht sei.

Wenngleich Glücksspiele unter 18 Jahren verboten sind, haben Minderjährige häufig relativ unproblematisch Zugang dazu. Privat organisierte Pokerrunden oder Angebote im Internet schließen Möglichkeiten der Kontrolle weitgehend aus. "Eine Glücksspielsucht-Karriere beginnt meist durch Zufall, wenn Jugendliche etwa im Restaurant auf die Pommes warten und dabei Geld in einen Glücksspiel-Automaten werfen oder andere beim Spielen beobachten", berichtet die Glücksspielsucht-Expertin. Anfängliche Gewinne sind bei 70 Prozent aller später Spielsüchtigen der Auslöser zum Weiterspielen, wobei Gewinne überbewertet und erste Verluste bagatellisiert werden. "Das Spiel wird rasch zu einer normalen Freizeitbeschäftigung, die das Verhalten des Betroffenen verändert. Frühere Aktivitäten wie etwa Sport werden reduziert und Kontakte eingestellt."

Spielsucht hat auch einen finanziellen Aspekt. "Die Geldprobleme mehren sich. Zuerst fehlt das Geld für andere Beschäftigungen, schließlich leben viele nur mehr dafür, um Verluste auszugleichen", so Bender-Roth. Gut gemeintes Verhalten der Eltern sei oft zusätzliches Öl im Feuer. "Viele machen den Fehler, die offenen Rechnungen ihrer Kinder zu bezahlen oder Schulden zu übernehmen. Doch der Schuldenberg häuft sich mit der Zeit nur weiter." Der Schuldenberg kann bei Glücksspielsucht schnell die 100.000 Euro-Grenze übersteigen und es besteht die Gefahr, wegen illegaler Geldbeschaffung im Strafverfahren oder gar im Gefängnis zu landen.

Um die vorgezeichnete Suchtkarriere aufzuhalten, empfiehlt die Glücksspielsucht-Expertin professionelle Hilfe zu suchen. "Der erste Weg ist die Suchtberatungsstelle, die unverbindliche Beratung bietet." Therapien gibt es in ambulanter Form oder auch in stationärer Betreuung in Fachkliniken für Suchtkranke oder in psychosomatischen Kliniken, bei der die Betroffenen in zwei- bis dreimonatiger Behandlung Strategien für das Geld- und Schuldenmanagement erlernen. Da Glücksspielsucht ein sehr von Scham- und Schuldgefühl besetztes Thema ist, bietet die BZgA zudem unter http://www.spielen-mit-verantwortung.de ein vierwöchiges, anonymes Online-Ausstiegsprogramm an, auch andere Kontaktadressen wie etwa die Telefonberatung sind hier verzeichnet.

Um jugendlicher Glücksspielsucht vorzubeugen, empfiehlt Bender-Roth den Eltern, ihren Kindern einen angemessenen Umgang mit Geld zu vermitteln, etwa durch einen weder verschwenderischen noch übertrieben geizigen Umgang mit Geld. "Ist Glücksspiel bereits ein Thema, so ist es wichtig, offen, ruhig und ohne Vorwurfshaltung mit den Jugendlichen zu sprechen. Eltern handeln richtig, wenn sie die Sucht nicht mit Geld unterstützen, sondern Hilfe aufzeigen und sich selbst über die Krankheit und ihre Hilfsmöglichkeiten informieren." Wichtig sei auch der Austausch mit Bekannten, Vertrauten, professioneller Unterstützung oder in Selbsthilfegruppen, so die Sozialarbeiterin abschließend.

Artikel vom 13. Juli 2009

 

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