Europas Kampf gegen Zigaretten

Europa hat den Rauchern den Kampf angesagt. Zumindest einige EU-Länder haben drastische Verschärfungen gegen den Tabakkonsum unternommen: Ab 1. September 2005 werden die Zigarettenpreise in Deutschland angehoben und in Großbritannien hat GNER, einer der größten Bahnbetreiber der Insel, ab heute, Montag, alle Züge zur rauchfreien Zone erklärt. Lediglich Österreich hinkt, so der Sprecher der Initiative "Ärzte gegen Raucherschäden", Manfred Neuberger, weit hinterher.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg jubelt anlässlich der bevorstehenden Preiserhöhung. In einer heute, Montag, veröffentlichten Publikation rechnen die Experten die Folgen des Nikotin-Abusus vor: Täglich fordern durch Rauchen bedingte Krankheiten in Deutschland rund 350 Menschenleben. Die meisten dieser Todesfälle wären durch effektive Tabakkontrollmaßnahmen, insbesondere Preiserhöhungen, vermeidbar, so das DKFZ. "Diese Erkenntnisse beruhen auf Studien im anglo-amerikanischen Raum", erklärt Neuberger vom Institut für Umwelthygiene an der Universität Wien im Interview mit pressetext. Die positiven Folgen der Tabaksteuererhöhungen, die den in Deutschland seit Jahrzehnten hohen Zigarettenkonsum deutlich verringern konnten, fasst eine gemeinsame Publikation des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität zu Köln zusammen.

Aufgrund von Steuererhöhungen ist der Tabakkonsum in Deutschland um 12 Prozent gesunken. Offensichtlich nahm gerade bei Kinder und Jugendlichen der Griff zum Glimmstängel deutlich ab: Der Raucheranteil unter den 12- bis 17-Jährigen fiel von 28 Prozent im Jahr 2001 auf 20 Prozent im Jahr 2005. Der Konsumrückgang könnte sogar noch größer sein, wenn Zigaretten und Feinschnitt gleich hoch besteuert wären. Dabei sind die Preisunterschiede von fast 13 Prozent zwischen Fabrikzigaretten und selbst gedrehten Zigaretten enorm. Viele der Raucher sind deshalb auf Tabak umgestiegen.

Auch in Österreich fordert die Initiative "Ärzte gegen Raucherschäden" einen weiteren Anstieg der Tabakpreise, wie Neuberger das gegenüber pressetext betont. "Geschehen ist vom Forderungskatalog der Initiative aber praktisch nichts", ärgert sich der Experte. Zollkontrollen, die eine Einfuhr von Schmuggelware erschweren, müssten mit der Erhöhung der Preise einhergehen, sonst sei das ganze sinnlos.

Auch Großbritannien berichtet von einen weiteren Erfolg gegen die Raucher: Nachdem 90 Prozent der Zugspassagiere Nichtraucher sind, und die Zahl der Beschwerden von Reisenden über Raucher in zwei Jahren um 172 Prozent gestiegen sind, hat der Betreiber GNER, der jährlich 17 Mio. Gäste befördert prompt reagiert: "Wir haben einen Zeitpunkt festgelegt, um mit dem Rauchen endlich aufzuhören", lautet der Slogan. Solche Regelungen machen Österreichs Antiraucherkampagnen verdrossen. "Wir sind mit einigen der neuen EU-Staaten das Schlusslicht in Europa", meint Neuberger, der dennoch davon ausgeht, dass sich das Rad der Zeit zugunsten der Nichtraucher dreht.

Wie schlimm die Folgen des Tabakkonsums sind, wissen die meisten. Die Kosten, die in Deutschland jährlich etwa 30 Mrd. Euro betragen, entstehen durch die Behandlung tabakbedingter Krankheiten, Rehabilitationsmaßnahmen und Medikamente sowie durch krankheitsbedingte Produktivitätsausfälle. Etwa die Hälfte aller regelmäßigen Raucher stirbt vorzeitig an den Folgen des Tabakkonsums, meist infolge von Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krebserkrankungen oder Atemwegserkrankungen. In Deutschland sind jedes Jahr 110.000 bis 140.000 Todesfälle auf das Rauchen zurückzuführen.

Artikel vom 29. August 2005

 

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