China: "Tabak hilft dir, talentiert zu werden"

Der chinesische Tabak-Monopolist China National Tobacco beschreitet oft zweifelhafte Wege bei der Anpreisung seiner Zigarettenmarken, wie Bloomberg berichtet. Unter anderem sponsert der mächtige Tabakkonzern Schulen im ganzen Land. Die Schüler werden täglich mit Tabakwerbung konfrontiert. "Studien mit einigen 100.000 Jugendlichen haben bewiesen, dass direkte und indirekte Werbung für Zigaretten großen Einfluss auf die Zahl derer, die anfangen zu rauchen, haben. Bei absolutem Werbeverbot liegt die Zahl der Einsteiger sechs bis acht Prozent niedriger", sagt Reiner Hanewinkel vom Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung.

Privater Widerstand

In China gibt es nur einen Tabakkonzern und der gehört dem Staat. In den 80er Jahren hat die Regierung China National Tobacco zum Monopolisten gemacht, weil die Einnahmen aus dem Tabakgeschäft einen bedeutenden Beitrag zum Staatshaushalt geleistet haben. Heute gibt es 380 Mio. Raucher in China. Die Tabakindustrie ist zwischen 2006 und 2010 um 19 Prozent gewachsen und beschäftigt 510.000 Menschen. Direkte Werbung für Tabakprodukte ist im Reich der Mitte inzwischen verboten, obwohl es keine effiziente Regulierungsbehörde gibt, da die verantwortliche Stelle gleichzeitig den Tabakkonzern führt.

Da von staatlicher Seite kein entschlossenes Vorgehen zu erwarten ist, formieren sich in China private Bürgerbewegungen, die den Machenschaften des Tabak-Monopolisten Einhalt gebieten wollen. Nach dem Verbot direkter Tabakwerbung haben sich die Marketingaktivitäten von China National Tobacco hauptsächlich auf Sponsoring verlagert. Neben Fernsehsendungen werden auch verschiedene soziale Projekte finanziert. "Das tut die Tabakindustrie übrigens auch in Europa. Es wird alles unternommen, um in der Bevölkerung eine positive Gesinnung zu schaffen", sagt Hanewinkel.

"Tabak-Hoffnungs-Grundschule"

Diese Form der indirekten Werbung durch Sponsoring kommt bei den Menschen gut an. Eine Umfrage in China hat ergeben, dass 18 Prozent der Chinesen eine Zigarettenmarke mit sozialem Engagement bevorzugen. "Gegen direkte Werbung kann mit kritischer Erziehung angegangen werden. Bei indirekter Werbung wie Sponsoring ist die Großhirnrinde salopp gesagt ausgeschaltet. Sie wird nicht bewusst als Werbung gesehen", erklärt Hanewinkel. Kinder sind für solche Botschaften besonders empfänglich. Der chinesische Tabakkonzern sponsert über 100 Schulen im ganzen Land, die dann Namen wie "Tobacco Hope Primary School" tragen.

In den betroffenen Schulen hängen Tafeln mit Sprüchen wie "Genie kommt von harter Arbeit - Tabak hilft dir, talentiert zu werden". "Dieses Schaffen von positiven Emotionen durch täglichen Kontakt bei Schülern ist eine besonders perfide Art der Werbung", sagt Hanewinkel. Aufklärungskampagnen haben es in China schwer, da die Industrie alles tut, um die Bevölkerung am Glimmstengel zu halten.

Nur 22 Prozent der Chinesen glauben, dass Rauchen schwere Krankheiten verursacht. "Aufklärung kann helfen, muss aber auch konsequent weitergeführt werden. Die Chinesen haben eine Herkulesaufgabe vor sich, wenn sie die Situation verbessern wollen", schließt Hanewinkel. Wenn China es schaffen würde, dass mit Rauchen assoziierte Krankheiten bis 2040 jährlich um ein Prozent seltener werden, könnte sich das Reich der Mitte 7,8 Bio. Euro sparen.

Artikel vom 24. September 2011

 

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