Kaugummi gegen Fettsucht

Es klingt fast unglaublich, was Forscher vom Londoner Imperial College in einem natürlich vorkommenden Hormon entdeckt haben: Das pankreatische Polypeptid (PP), das der Körper herstellt, wenn das Signal zum Sattsein gesetzt wird, soll künstlich hergestellt und verabreicht werden. Damit soll der drohenden Volkskrankheit Fettsucht entgegen gewirkt werden, berichtet das Imperial College. Der Wellcome Trust fördert das ehrgeizige Projekt, da allein in Großbritannien jährlich 30.000 Menschen an den Folgen von Fettleibigkeit sterben.

Wird es demnächst Kaugummi geben, der Fettsucht entgegenwirken kann?
Wird es demnächst Kaugummi geben, der Fettsucht entgegenwirken kann?

Die meisten der bisher angebotenen Medikamente hätten sich in der Praxis bisher kaum bewährt, meinte Ted Bianco, Technologie-Transfer-Direktor beim Wellcome-Trust. Er glaube, dass die Erfindung Blooms eine echte Alternative dazu wäre. Bloom hatte mit seinem Forscherteam erst vor kurzem jenes Hormon entdeckt, das den Appetit kontrolliert. Es agiert als Neurotransmitter, um dem Hirn sozusagen die Botschaft der Sättigung mitzuteilen. Bekannt war bereits, dass das PP als gastrointestinales Hormon, die Enzym- und Hydrogencarbonat-Produktion der Bauchspeicheldrüse, die Motilität des Darms und den Gallefluss hemmt. Im Auge hat das Forscherteam nun aber eine gezielte Verabreichung des Hormons, um dem Hunger den Kampf anzusagen.

"Eine Behandlung, die auf der natürlichen Appetitunterdrückung basiert, hat das Potenzial zu einer sicheren und effektiven Anwendung", erklärt Bloom. Tatsächlich war dem Forscher aufgefallen, dass manche Menschen mehr von diesem Hormon ausschütten als andere. Tests an 35 leicht übergewichtigen Probanden haben gezeigt, dass eine Behandlung durchaus sinnvoll war. Jene Testgruppe, die das Hormon verabreicht bekam, nahm zwischen 15 und 25 Prozent weniger Nahrung zu sich. Getestet hatten die Mediziner dies bei einem "All-You-Can-Eat"-Buffet. Die Testgruppe, die nur ein Placebo erhielt, zeigte keine Veränderung bei seinen Essgewohnheiten.

Der einzige Wermutstropfen ist derzeit allerdings die Aufnahme des Hormons. Es kann derzeit nämlich nur injiziert werden. Zu allem Überfluss müsste diese Injektion täglich verabreicht werden. Darum sollen die 3,3 Mio. Euro Forschungsgeld des Wellcome Trust auch dazu verwendet werden, eine andere Art der Gabe zu erforschen. Denkbar wäre etwa ein Kaugummi oder auch ein Nasenspray. "Der Kaugummi wäre ideal, da wir wissen, dass Fettleibige gerne kauen", so Bloom.

Erstmals festgestellt hat der Forscher die Wirkung von PP bei einer Patientengruppe, die an einem bestimmten Bauchspeicherdrüsentumor litt, bei dem mehr von dem Hormon produziert wird. "Ihre Körper blieben sehr lange Zeit hinweg immer schlank. Offensichtlich zeigt das Hormon keinerlei Nebenwirkungen", subsumiert der Wissenschaftler, der davon ausgeht, dass im Falle einer Anwendung Fettleibige mindestens fünf bis zehn Prozent weniger Nahrung zu sich nehmen würden. Bis es zu einem fertigen und zugelassenem Medikament kommen wird, werden aber noch mindestens fünf bis acht Jahre vergehen. Angesichts der tristen Lage bei der Zunahme der Fettleibigkeit - derzeit ist bereits jeder Fünfte fettleibig, bis 2010 wird es jeder Dritte sein - ist Eile allerdings angesagt. Darüber sind sich die Forscher auch einig.

Artikel vom 16. Januar 2007

 

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