Zu kurzer Schlaf wirkt auf Autofahrer wie Alkohol

Gestörter Schlaf bedeutet ein extremes Unfallrisiko, denn jeder dritte Verkehrsunfall geht auf ein Schlafdefizit des verursachenden Autolenkers zurück. Gleichzeitig ist jeder dritte Autofahrer und jeder zweite LKW- und Buslenker übermüdet. Das betont Manfred Walzl, Neurologe und Psychiater der Landesnervenklinik Graz, anlässlich einer Pressekonferenz der Initiative Gesunder Schlaf am heutigen Dienstag in Wien.

Gefährlich ist die Müdigkeit vor allem durch die ausbleibende Aufmerksamkeit, die im schlimmsten Fall zum Einschlafen hinter dem Steuer führt. Spanische Studien haben gezeigt, dass Tagesmüdigkeit die Unfallgefahr versechsfacht, in Kombination mit Alkohol ist das Risiko gar elfmal höher. "Wer nachts nur vier Stunden geschlafen hat, reagiert als hätte er 0,5 Promille Alkohol im Blut. Bei einer durchwachten Nacht verschlechtert sich die Reaktion auf einen Wert, der 0,8 Promille entspricht", so Walzl.

Unfallstatistiker kämpfen bisher noch mit dem Problem, Autounfälle eindeutig als Folgen der Übermüdung zu identifizieren. "Neben den Unfällen, die eindeutig auf Schläfrigkeit zurückgeführt werden können, gibt es eine hohe Zahl von Unfällen aus fehlender Aufmerksamkeit. Doch diese verlaufen meist nach dem Schema, dass junge männliche Lenker von der Straße abkommen, womit sich ebenfalls Übermüdung als Ursache vermuten lässt", so Walzl gegenüber pressetext. Jeder dritte Unfall insgesamt und jeder vierte tödliche Unfall im Straßenverkehr sei demnach durch Müdigkeit verschuldet. Walzl fordert bessere Checklisten für die Exekutive, um bei Unfalllenkern Anzeichen für Schläfrigkeit besser festzustellen, wird doch die Übermüdung am Steuer vor Gericht mittlerweile wie Alkoholisierung behandelt.

Objektivierbar ist die Übermüdung erst seit kurzem durch den pupillometrischen Schläfrigkeitstest, der den Unruheindex der Pupillen als Maß für Fahruntüchtigkeit aufgrund von Müdigkeit erhebt. Entsprechende Geräte könnten in Zukunft bei Verkehrskontrollen eingesetzt werden, stellt Walzl in Aussicht. "Derzeit sind die Apparate noch zu groß für den mobilen Einsatz. Wenn dieses Problem jedoch in etwa fünf Jahren gelöst ist, könnte damit gleichzeitig auch das Drogenscreening erfolgen." Der Autofahrerclub ÖAMTC sieht solche Maßnahmen mit Skepsis. "Für eine ordentliche Untersuchung der Müdigkeit müssten Rahmenbedingungen wie die 15-minütige Wartezeit gewährleistet sein. Außerdem ist eine bessere Unterscheidung zwischen der Auswirkung von Drogen oder von Müdigkeit nötig", gibt Marion Seidenberger-Wutzl, ÖAMTC-Verkehrspsychologin, im pressetext-Gespräch zu bedenken. Walzl verweist hingegen auf aktuelle Geräte, die diese Trennung bereits vornehmen.

Einige Autohersteller hätten laut Walzl mit dem Einbau von Systemen begonnen, die das Einschlafen verhindern sollen. Die Erhebung der Müdigkeit folgt jedoch nach anderem Muster als dem der Pupillenmessung. "Bestimmte Mercedes-Modelle analysieren das Lenkverhalten und warnen über den Bordcomputer, wenn unnötige Lenkausschläge registriert werden." Andere Modelle beobachten die Lidschläge der Augen oder die Stimme des Fahrers. "Doch alle diese Mechanismen sind unnötig, wenn man auf die Signale des Körpers achtet", so Walzl. Nach festgestellter Müdigkeit sei es am besten, eine Fahrpause einzulegen. "Daneben ist auch ausreichendes Trinken wichtig. Denn zwei Prozent weniger Körperflüssigkeit im Kreislauf vermindert die Aufmerksamkeit bereits um ein Viertel", so der Grazer Mediziner abschließend.

Artikel vom 17. Februar 2009

 

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